Autogroßhändler muss Betrieb wegen Corona-Verordnung nicht schließen

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat dem Antrag eines Autogroßhändlers stattgegeben, der sich gegen eine aufgrund der Niedersächsischen Corona-Verordnung verfügte Betriebsschließung gewendet hatte. Der Antragsteller sei als Großhändler anzusehen und als solcher nicht von der Verordnung betroffen. Für die Abgrenzung des Groß- vom Einzelhandel sei nicht maßgeblich, von wem der Händler die Ware beziehe, sondern an wen er sie veräußere.

An- und Verkauf über Internetportal

Der Antragsteller kauft Gebrauchtwagen von Privatpersonen an, die er über eine Internetplattform akquiriert. Interessenten geben auf der Internetseite Daten zu ihrem Kraftfahrzeug an und erhalten im Gegenzug einen vorläufigen Ankaufspreis. In einer Filiale des Antragstellers werden die Angaben des potentiellen Verkäufers überprüft, gegebenenfalls ein endgültiger Ankaufspreis bestimmt und ein Kaufvertrag geschlossen. Anschließend verbleibt das Fahrzeug in der Filiale. Die angekauften Fahrzeuge werden über zwei weitere Internetplattformen verkauft. Käufer sind bei der einen Plattform gewerbliche Händler, bei der anderen Endverbraucher, denen die Fahrzeuge nach Abschluss des Kaufvertrags im Internet entweder in der Filiale übergeben oder durch Mitarbeiter des Unternehmens angeliefert werden. Alle drei Unternehmen gehören zu ein und derselben Unternehmensgruppe, die die Gewinne generiert.

Stadt untersagt Vertragsverhandlungen mit Privatkunden in der Filiale

Ende Dezember untersagte die Stadt Göttingen dem Antragsteller, in der örtlichen Filiale Kraftfahrzeuge von Privatpersonen anzukaufen, sofern der Kaufvertrag erst nach einer Begutachtung des betroffenen Fahrzeuges vor Ort zustande kommt und nicht bereits im Fernabsatz ein abschließender Kaufvertrag vorliegt, in dessen Rahmen vor Ort nur noch die Übergabe des Fahrzeuges erfolgt. Hiervon ausgenommen seien gewerbliche Kunden. Zur Begründung gab die Stadt an, der Geschäftsbetrieb des Antragstellers sei dem Einzelhandel zuzuordnen, weil es sich bei den Verkäufern der Fahrzeuge um Privatpersonen handele. Einzelhandel sei nur mit Ausnahmen zulässig, wozu der Autoan- und -verkauf des Antragstellers nicht gehöre.

VG: Geschäftsbetrieb ist Großhandel

Das Verwaltungsgericht ist im einstweiligen Rechtsschutz im Wesentlichen der Argumentation des Antragstellers gefolgt und hat ausgeführt, der Antragsteller betreibe keinen Einzelhandel, sondern einen Großhandel. Für diesen gälten die durch die Niedersächsische Corona-Verordnung verfügten Betriebsschließungen nicht. Zum Einzelhandel gehörten Unternehmen, die das Produkt dem Konsumenten bzw. Endverbraucher unmittelbar vermitteln. Alle anderen in dieser Handelskette vorher tätigen Unternehmen, die nicht an der Produktion der Ware selbst beteiligt waren, seien dem Großhandel zuzuordnen.

Verkauf an Zwischenhändler

Da der Antragsteller die Fahrzeuge nicht an die Endverbraucher verkaufe, sondern an rechtlich selbstständige Zwischenhändler, betreibe er einen Großhandel. Unerheblich sei, dass der Antragsteller die Autos von Privatpersonen erwerbe. Für die Abgrenzung des Groß- vom Einzelhandel sei nicht maßgeblich, von wem der Händler die Ware beziehe, sondern an wen er sie veräußere. Schließlich gebe die Corona-Verordnung für eine Begrenzung des Großhandels auf Produkte des täglichen Bedarfs nichts her. Ob die Stadt Göttingen gegen diesen Beschluss innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegt, bleibt abzuwarten.

VG Göttingen, Beschluss vom 25.01.2021 - 4 B 264/20

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2021.