VG Gießen weist Klagen weiterer Flüchtlingspaten teilweise ab

Das Verwaltungsgericht Gießen hat weitere Klagen sogenannter Flüchtlingspaten gegen ihre Inanspruchnahme durch das Jobcenter teilweise abgewiesen. Konkret geht es um Kosten für Leistungen nach dem SGB II, die die Flüchtlinge nach Abschluss der Asylverfahren, die durchweg mit der Flüchtlingsanerkennung endeten, erhalten hatten. Die dagegen gerichteten Klagen waren nur in Bezug auf die vom Jobcenter verlangte Erstattung der Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung der Flüchtlinge erfolgreich (Urteile vom 09.05.2018, Az.: 6 K 4723/16/.GI und weitere).

Kläger bürgten für Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge

Die sechs Kläger hatten sich für mehrere Personen mit formularmäßigen Verpflichtungserklärungen gegenüber den Ausländerbehörden verpflichtet, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge nach deren Einreise in die Bundesrepublik aufzukommen. Grundlage der Einreise war eine Aufnahmeanordnung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport, mit der gestützt auf § 23 Abs. 1 AufenthG die Einreise von syrischen Flüchtlingen zu ihren in Hessen lebenden Verwandten ermöglicht werden sollte.

Jobcenter nimmt Paten für SGB-II-Zahlungen in Anspruch

Das Jobcenter Gießen nimmt die Kläger für die Kosten in Anspruch, die dadurch entstanden sind, dass die betreffenden Flüchtlinge nach Abschluss der Asylverfahren, die durchweg mit der Flüchtlingsanerkennung endeten, Leistungen nach dem SGB II erhalten haben. Die Höhe der Inanspruchnahme der Flüchtlingspaten beläuft sich je nach dem Zeitraum, für den Kosten gelten gemacht wurden, und der Zahl der Personen, für die sich die Kläger verbürgt haben, auf Beträge von insgesamt 2.000 Euro bis über 10.000 Euro. Die Bescheide erstreckten sich alle nicht auf den gesamten Zeitraum, der von den Verpflichtungserklärungen erfasst ist.

Reichweite der Verpflichtungserklärungen strittig

Streitig war zwischen den Flüchtlingspaten und dem Jobcenter vor allem, ob die Verpflichtungserklärungen sich auch auf die nach der Flüchtlingsanerkennung entstandenen Kosten beziehen und ob nach der Flüchtlingsanerkennung ein anderer Aufenthaltszweck vorliegt, für den die Verpflichtungserklärungen nicht abgegeben waren.

VG Gießen: Nur Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung nicht zurückzuerstatten

Das VG Gießen hat in Fortführung seiner Rechtsprechung aus dem Dezember 2017 den Klagen jeweils nur zu einem geringen Teil stattgegeben, nämlich soweit das Jobcenter auch die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung verlangt hat. In allen Fällen erstreckten sich die Verpflichtungserklärungen trotz kleinerer Unterschiede im Wortlaut nach Auffassung des VG allein auf den Aufenthaltszweck und nicht auf den Zeitraum der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1 AufenthG. Sowohl die zunächst erteilte Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Aufnahmeanordnung des Landes Hessen als auch die Aufenthaltserlaubnis nach der Flüchtlingsanerkennung dienten aber demselben Zweck, nämlich humanitären Gründen.

Auch Zeitraum nach Flüchtlingsanerkennung von Verpflichtungserklärung erfasst

Damit folgte das VG weiterhin der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Daher erstreckten sich die Verpflichtungserklärungen, die für den Aufenthalt zu humanitären Zwecken bestimmt waren, auch auf den Zeitraum, für den die Ausländer nach der Flüchtlingsanerkennung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erhalten hatten, die nach dem Aufenthaltsgesetz auch aus humanitären Gründen erteilt wird.

Jobcenter durfte Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung der Ausländer nicht geltend machen

Das VG hat jedoch die Kostenanforderungen insoweit aufgehoben, soweit auch Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung der Ausländer geltend gemacht wurden. Diese Kosten seien nach der maßgeblichen Fassung der Aufnahmeanordnung des Landes Hessen ausdrücklich von den zu erstattenden Kosten ausgenommen worden. Der Anteil dieser Kosten habe bei den Klagen zwischen 12% und 30% gelegen. Die in einem Fall erklärte Anfechtung der Verpflichtungserklärung war nach Prüfung des VG nicht wirksam, sodass der Kläger an seine Erklärung weiter gebunden war. Dafür, dass in den überwiegend abgewiesenen Klagen fehlerhafte Auskünfte der Behörde vor Abgabe der Verpflichtungserklärungen erteilt worden waren, wie in einem Fall geltend gemacht wurde, habe es keine Nachweise gegeben.

VG Gießen folgt BVerwG-Rechtsprechung

Das VG Gießen hat in allen Fällen die Berufung nicht zugelassen, da das Bundesverwaltungsgericht durch zwei Entscheidungen vom März 2018 (BeckRS 2018, 5381 und BeckRS 2018, 5380) nach Auffassung des VG deren Rechtsauffassung bestätigt hat. Die aktuellen Urteile des VG sind noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen Zulassung der Berufung beim hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.

VG Gießen, Urteil vom 09.05.2018 - 6 K 4723/16

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2018.

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