VG Gießen weist erneut Klagen mehrerer Flüchtlingspaten weitgehend ab

Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Urteilen vom 22.08.2018 erneut mehrere Klagen von sogenannten Flüchtlingspaten gegen ihre Inanspruchnahme durch das Jobcenter auf Erstattung der Kosten für nach der Flüchtlingsanerkennung erbrachte SGB II-Leistungen weitgehend abgewiesen. Nur die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung der Flüchtlinge müssten die Flüchtlingspaten nicht erstatten (Az.: 6 K 3886/16.GI).

Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge abgegeben

Die sechs Kläger hatten sich mit formularmäßigen Verpflichtungserklärungen gegenüber den Ausländerbehörden verpflichtet, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge nach deren Einreise in die Bundesrepublik aufzukommen. Grundlage der Einreise war eine Aufnahmeanordnung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport, mit der gestützt auf § 23 Abs. 1 AufenthG die Einreise von syrischen Flüchtlingen zu ihren in Hessen lebenden Verwandten ermöglicht werden sollte.

Jobcenter nimmt Flüchtlingspaten in Anspruch

Das Jobcenter Gießen nahm die Kläger für die Kosten in Anspruch, die dadurch entstanden sind, dass die betreffenden Flüchtlinge nach Abschluss der Asylverfahren, die durchweg mit der Flüchtlingsanerkennung oder der Gewährung subsidiären Schutzes endeten, Leistungen nach dem SGB II erhalten haben. Die Höhe der Inanspruchnahme der Flüchtlingspaten beläuft sich je nach dem Zeitraum, für den Kosten gelten gemacht wurden, und der Zahl der Personen, für die sich die Kläger verbürgt haben, auf Beträge von 2.500 Euro bis etwa 8.000 Euro. Die Bescheide erstreckten sich alle nicht auf den gesamten Zeitraum, der von den Verpflichtungserklärungen erfasst ist.

Streitpunkt: Erstreckungsgrad der Verpflichtungserklärung

Streitig war zwischen den Flüchtlingspaten und dem Jobcenter vor allem, ob die Verpflichtungserklärungen sich auch auf die nach der Flüchtlingsanerkennung entstandenen Kosten beziehen und ob nach der Flüchtlingsanerkennung ein anderer Aufenthaltszweck vorliegt, für den die Verpflichtungserklärungen nicht abgegeben waren.

VG weist fünf Klagen weitgehend ab: Verpflichtungserklärungen erstreckten sich nur auf den Aufenthaltszweck

Das VG hat fünf der sechs Klagen in Fortführung seiner Rechtsprechung vom Dezember 2017 und Mai 2018 weitgehend abgewiesen. Nach Auffassung der Kammer erstreckten sich die Verpflichtungserklärungen in diesen Fällen trotz kleinerer Unterschiede im Wortlaut allein auf den Aufenthaltszweck und nicht auf den Zeitraum der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG.

Aufenthaltserlaubnisse dienten jeweils humanitären Zwecken 

Sowohl die zunächst erteilte Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Aufnahmeanordnung des Landes Hessen als auch die Aufenthaltserlaubnis nach der Flüchtlingsanerkennung hätten aber demselben Zweck gedient, nämlich humanitären Gründen, so das VG weiter. Damit werde weiterhin der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt. Daher hätten sich die Verpflichtungserklärungen, die für den Aufenthalt zu humanitären Zwecken bestimmt gewesen seien, auch auf den Zeitraum erstreckt, für den die Ausländer nach der Flüchtlingsanerkennung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erhalten hätten, die nach dem Aufenthaltsgesetz auch aus humanitären Gründen erteilt werde.

Paten müssen aber nicht für Kranken- und Pflegeversicherung aufkommen

Die Kammer hat jedoch entsprechend ihrer bisherigen Rechtsprechung die Kostenanforderungen insoweit aufgehoben, soweit auch Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung der Ausländer geltend gemacht worden seien. Diese Kosten seien nach der maßgeblichen Fassung der Aufnahmeanordnung des Landes Hessen ausdrücklich von den zu erstattenden Kosten ausgenommen worden. Der Anteil dieser Kosten habe bei den Klagen zwischen 12 Prozent und 23 Prozent gelegen.

Anfechtungen der Verpflichtungserklärungen unwirksam

Die in mehreren Fällen erklärte Anfechtung der Verpflichtungserklärung erachtete das VG für nicht wirksam, so dass die Kläger an ihre Erklärungen weiter gebunden gewesen seien. Auch dafür, dass in den überwiegend abgewiesenen Klagen fehlerhafte Auskünfte der Behörde vor Abgabe der Verpflichtungserklärungen erteilt worden seien, gab es laut VG keine Nachweise.

Nur eine Klage in vollem Umfang erfolgreich

Nur eine der Klagen führte dem VG zufolge zur vollständigen Aufhebung der Kostenanforderungen. Entscheidend dafür sei gewesen, dass in diesem Fall die Verpflichtungserklärung ausdrücklich aufgrund zusätzlicher Anmerkungen im bundeseinheitlichen Formular nur für die Dauer der aufgrund der Aufnahmeanordnung erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG gelten sollte.

VG Gießen, Urteil vom 22.08.2018 - 6 K 3886/16

Redaktion beck-aktuell, 5. September 2018.

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