VG Gießen: Ungenehmigter Bordellbetrieb kann nach über 30 Jahren untersagt werden

Die Nutzungsuntersagung für einen ungenehmigten bordellartigen Betrieb im Wohngebiet ist auch dann rechtmäßig, wenn die Behörde über 30 Jahre lang untätig geblieben ist. Der Bordellbetreiber genieße insoweit keinen Vertrauensschutz, entschied das Verwaltungsgericht Gießen in einem Eilverfahren mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom 26.07.2019 (Az.: 1 L 2835/19).

Behörde untersagte erst nach 30 Jahren ungenehmigte Nutzung bordellartigen Betriebs

Die Antragstellerin ist Erbbauberechtigte eines im allgemeinen Wohngebiet liegenden Gebäudekomplexes mit Schwimmhalle, für den bei der Errichtung im Jahr 1974 nur eine Baugenehmigung zu Wohnzwecken erteilt wurde. Tatsächlich wurde und wird der Komplex seit mehr als 30 Jahren durch den jeweiligen Erbbauberechtigten als bordellartiger Betrieb genutzt. Nachdem die Baubehörde feststellte, dass für diese Art der Nutzung des Grundstücks, das in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, keine Nutzungsgenehmigung erteilt worden war, verfügte sie eine binnen sechs Monaten umzusetzende Nutzungsuntersagung. Hiergegen ersuchte die Antragstellerin um Eilrechtsschutz.

VG: Nutzung des Gebäudes als Bordell ungenehmigt und nicht zulässig

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag der Bordellbesitzerin zurückgewiesen. Die erteilte Baugenehmigung für ein Wohnhaus erfasse nicht die Nutzung als bordellartiger Betrieb und hätte einer ausdrücklichen Nutzungsgenehmigung bedurft. Dass eine solche vorliege, habe die Antragstellerin nicht nachweisen können. Auch materiell sei die Nutzung baurechtswidrig, da sie bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Bordelle beziehungsweise bordellartige Betriebe seien nach der Rechtsprechung bereits in einem Mischgebiet mit der Wohnnutzung unvereinbar und somit erst recht in einem allgemeinen Wohngebiet.

Bordell-Betreiberin genießt trotz jahrzehntelanger Untätigkeit der Behörde keinen Vertrauensschutz

Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Verpflichtung und Berechtigung der Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände könne nicht verwirkt werden. Die Behörde habe auch zu keinem Zeitpunkt zugesichert, gegen die Nutzung nicht einzuschreiten.

VG Gießen, Beschluss vom 26.07.2019 - 1 L 2835/19

Redaktion beck-aktuell, 27. August 2019.