VG Gießen: Mutter hat trotz Scheinvaterschaft Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis

Eine Scheinvaterschaftsanerkennung, die aufgrund der Nichtigerklärung der Regelung zur behördlichen Vaterschaftsanfechtung durch das Bundesverfassungsgericht von den Behörden nicht mehr angefochten werden kann, vermittelt einer Mutter zwar keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung, aber mit Blick auf die Rechte des deutschen Kindes eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Dies hat das Verwaltungsgericht Gießen mit Urteil vom 04.05.2017 entschieden (Az.: 7 K 5516/15).

Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung begehrt

Die Klägerin, eine serbische Mutter, die bereits erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt hatte und vollziehbar ausreisepflichtig ist, hat neben den beiden ebenfalls klagenden Söhnen ein weiteres Kind mit ihrem serbischen Lebensgefährten, für das ein wohnsitzloser deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft anerkannt hat, so dass das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Eine Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen besteht nicht. Eine Möglichkeit zur Anfechtung der Vaterschaft besteht für die Behörden nicht mehr, seit das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch für verfassungswidrig erklärt hat. Die Klägerin und ihre beiden älteren Söhne begehrten auf Grund der anerkannten Vaterschaft eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung.

VG: Scheinvaterschaftsanerkennung stehet Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung entgegen

Das Verwaltungsgericht hat die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung abgekehnt. Für eine solche Aufenthaltserlaubnis, die unter erleichterten Bedingungen erteilt werde und bereits nach drei Jahren in eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis münden könne, stelle – ebenso wie bei einer Schein- oder erzwungenen Ehe oder einer Scheinadoption – auch eine nur zum Schein abgegebene Vaterschaftsanerkennung ein rechtliches Hindernis dar. Denn wenn das Aufenthaltsgesetz von einem Verwandtschaftsverhältnis spreche, das ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet worden sei, dem nachziehenden Ausländer den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, so betreffe dies auch Fälle, in denen das Verwandtschaftsverhältnis nicht direkt zu dem Ausländer begründet werde, der die Aufenthaltserlaubnis begehre. So liege der Fall auch hier, denn die Aufenthaltserlaubnis für die Mutter leite sich nicht vom vermeintlichen Vater, sondern von dem durch die Vaterschaftsanerkennung deutschen Kind ab.

Kreis muss aber Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen

Laut VG ist der Kreis aber dennoch zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verpflichtet, da sich aus europäischem Unionsbürgerrecht nach Art. 20 AEUV ergebe, dass dem Recht des deutschen Kindes zum Verbleib in der Bundesrepublik dadurch Rechnung getragen werden müsse, dass der sorgeberechtigten Mutter ebenfalls der Aufenthalt ermöglicht wird.

VG Gießen, Urteil vom 04.05.2017 - 7 K 5516/15

Redaktion beck-aktuell, 13. Juni 2017.

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