VG Gießen: Anwohner müssen Mülltonnen zum Sammelplatz bringen

Das Verwaltungsgericht Gießen hat in drei Eilverfahren die Anordnungen des Müllabfuhrzweckverbandes Biedenkopf für rechtmäßig erachtet, mit denen die Anwohner einzelner Straßen in der Altstadt Biedenkopfs verpflichtet wurden, ab dem 01.01.2018 die Mülltonnen und den Sperrmüll in einem vorgegebenen Bereich bereitzustellen. Für die Anwohner bedeutet dies, dass sie ihre Mülltonnen über Entfernungen zwischen 75 und 110 Meter zu den jeweiligen Sammelplätzen schieben müssen, wo sie dann von dem Entsorgungsunternehmen geleert werden (Beschlüsse vom 29.01.2019, Az.: 29. 8 L 5537/18.GI; 8 L 6098/18.GI; 8 L 6101/18.GI, noch nicht rechtskräftig).

Straßen zu eng für Müllwagen

Hintergrund der Anordnung ist, dass die Anwohner in Straßen wohnen, die aufgrund ihrer Breite von den Entsorgungsfahrzeugen nicht befahren werden können. In der Vergangenheit hatten daher die Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens die Tonnen aus der Straße geholt und zu dem Müllfahrzeug gebracht. Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung hatte der Zweckverband dem mit den angefochtenen Verfügung nun ein Ende gesetzt und die Anwohner verpflichtet, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die Mülltonnen zur Abholung an den vorgesehenen Plätzen am Abend vor der Entsorgung bereitgestellt werden.

Jahrelang geübte Praxis nachrangig gegenüber öffentlichem Interesse

Die Kammer hat die Einwendungen der Anwohner, die u.a. persönliche Härten und Vertrauensschutz im Hinblick auf die jahrelang geübte Praxis geltend gemacht hatten, nun als gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer reibungslosen Abfallentsorgung nachrangig angesehen. Weder sei der Zweckverband verpflichtet, das Entsorgungsunternehmen anzuhalten, kleinere Fahrzeuge bereitzustellen, noch sei er wegen der jahrelang geübten Praxis gehindert, nun die Anwohner selbst zur Bereitstellung zu verpflichten.

Verbringungspflicht nicht willkürlich

Die den Anwohnern zugemuteten Wege seien in den konkreten Fällen nach der herrschenden Rechtsprechung noch zumutbar. Auch wenn den Antragstellern gegenüber anderen Anwohnern mehr abverlangt werde, treffe sie die Verbringungspflicht doch in Anbetracht der örtlichen Gegebenheiten nicht unverhältnismäßig oder willkürlich.

Kein Anspruch auf Abholung durch Entsorgungsunternehmen

Aus der jahrelangen Praxis entstehe auch kein Anspruch auf eine Abholung durch das Entsorgungsunternehmen, so das Gericht weiter. Denn dies ginge, da es letztendlich mehr Kosten verursachen würde, zu Lasten der übrigen Gebührenzahler. Das könne nicht im öffentlichen Interesse liegen. Die Gemeinde könne daher ihre bisherige Praxis ändern. Der durch die besondere Lage eines Grundstücks verursachte, über den Normalfall hinausgehende, Aufwand für die Abholung des Abfalls dürfe nicht allein dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgebürdet werden.

VG Gießen, Beschluss vom 29.01.2019 - 8 L 5537/18

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2019.

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