Verdienstausfallentschädigung wegen Quarantäne auch ohne Covid 19-Impfung

Dem Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung für einen Arbeitnehmer, der sich im Dezember 2021 nach einer SARS-CoV-2-Infektion in Absonderung bzw. Quarantäne begeben musste, steht laut Verwaltungsgericht Freiburg nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer keine Covid 19-Impfung in Anspruch genommen hatte. Denn eine Impfung hätte die Absonderung nicht im Sinne des damals geltenden Gesetzes vermeiden können.

Regierungspräsidium verweigert Erstattung des Verdienstausfalls

Ein Arbeitnehmer musste sich vom 09.12.2021 bis 24.12.2021 nach der damals geltenden "Corona-Verordnung Absonderung" aufgrund eines positiven SARS-CoV-2-Tests in Quarantäne begeben. Sein Arbeitgeber, der seinen Lohn in diesem Zeitraum fortgezahlt hatte, beantragte für den Zeitraum 14.12.2021 bis 24.12.2021 bei der zuständigen Behörde, dem Regierungspräsidium Freiburg, die Erstattung des Verdienstausfalls und der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge. Für die vorherigen Krankheitstage 09.12.2021 bis 13.12.2021 hatte der Arbeitnehmer aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes seinen Lohn weiter erhalten. Das Regierungspräsidium lehnte den Antrag ab. Der Arbeitnehmer hätte von der seit September 2021 bestehenden Impfmöglichkeit Gebrauch machen und dadurch die Absonderung vermeiden können, so die Begründung.

Absonderungspflicht unabhängig von Impfstatus

Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht Freiburg nicht gefolgt. Nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG (Infektionsschutzgesetz vom Dezember 2021) erhalte derjenige keine Entschädigung für den während einer Absonderung erlittenen Verdienstausfall, der durch Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung die Absonderung hätte vermeiden können. Zwar habe in Baden-Württemberg eine Empfehlung für Covid 19-Impfungen vorgelegen. Durch eine solche Impfung hätte der Arbeitnehmer aber seine Absonderung nicht im Sinne des Gesetzes vermeiden können, so das VG. Dies gelte zunächst mit Blick auf die damalige "Corona-Verordnung Absonderung". Diese habe eine Absonderungspflicht für infizierte Personen unabhängig von ihrem Impfstatus sowie von Krankheitssymptomen vorgesehen.

Absonderung nicht in vorwerfbarer Weise "verursacht"

Auch hätte der Arbeitnehmer die Infektion durch die Impfung auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verhindern können, gab das Gericht weiter zu bedenken. Zwar fordere das IfSG keinen 100%igen Impfungsschutz. Der Gesetzgeber verlange aber, dass die Absonderung in vorwerfbarer Weise "verursacht" worden sei. Die Impfempfehlung allein reiche hierfür nicht aus. Vielmehr sei zumindest Voraussetzung, dass die Impfung die - die Absonderungspflicht bereits auslösende - Infektion mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen hätte. Davon sei aber hinsichtlich der Covid 19-Impfung bezogen auf den maßgeblichen Zeitraum Dezember 2021 (als die sogenannte Delta-Variante vorherrschend war) nicht auszugehen. Das Regierungspräsidium habe sich darauf gestützt, dass das Robert- Koch-Institut damals hinsichtlich der maßgeblichen Altersgruppe (18-59 Jahre) eine 69%ige Impfeffektivität festgestellt habe. Das VG setzt diesen Wert anhand zusätzlicher Überlegungen eher noch etwas tiefer an. Jedenfalls könne von einer zumindest weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit damit nicht ausgegangen werden, so das VG, das die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuließ.

VG Freiburg, Urteil vom 02.03.2023 - 10 K 664/22

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 25. April 2023.