VG Freiburg versagt Fraktionsgemeinschaften Auskunft über verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess

Die Informationsrechte von Gemeinderäten auf Unterrichtung und Auskunft durch den (Ober-)Bürgermeister umfassen nicht das Recht, die Standpunkte von Amtsleitern oder Dezernenten zu erfragen, die diese im verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess vertreten beziehungsweise vertreten haben. Dies entschied das Verwaltungsgericht Freiburg. Mit dem Urteil vom 09.01.2019 wies es die Klagen von zwei Fraktionsgemeinschaften im Freiburger Gemeinderat (JPG sowie Unabhängige Listen) ab (Az.: 4 K 1245/18).

Fraktionsgemeinschaft hatte Liste nicht genehmigter Stellenanträge und -vorschläge begehrt

Die Fraktionsgemeinschaft JPG (Junges Freiburg/Die Partei/Grüne Alternative Freiburg) hatte sich im März 2017 an den Oberbürgermeister der Stadt Freiburg mit der Bitte gewandt, eine Liste der Stellenanträge und -vorschläge vorzulegen, die innerhalb der Verwaltung nicht genehmigt worden seien. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, sie benötige die Information, um sachgerecht über den Stellenplan als Teil des Haushaltsplans beschließen zu können. Der Oberbürgermeister lehnte die Anfrage ab und machte gegenüber allen Fraktionen und Fraktionsgemeinschaften sowie der weiteren Gruppierung im Gemeinderat deutlich, dass er künftig bei entsprechenden Anfragen in gleicher Weise verfahren werde. Die daraufhin von der JPG und der Fraktionsgemeinschaft Unabhängige Listen gegenüber dem Oberbürgermeister der Stadt Freiburg erhobenen Klagen wies das VG Freiburg ab.

Nur Akteneinsichtsrecht erlaubt Einblick in verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess

Nach § 24 Abs. 3 und Abs. 4 der baden-württembergischen Gemeindeordnung könnten Gemeinderäte eine Unterrichtung oder Auskunft grundsätzlich nur durch den Oberbürgermeister verlangen, führt das VG aus. Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften sei nicht nur ausgeschlossen, dass sich Gemeinderäte – ohne Einverständnis des Oberbürgermeisters – unmittelbar an nachgeordnete Bedienstete der Gemeindeverwaltung wenden könnten, sondern auch eine Verpflichtung des Oberbürgermeisters zur Erteilung einer Auskunft, welche Standpunkte ihm nachgeordnete Bedienstete der Gemeinde im verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess vertreten beziehungsweise vertreten haben. Nur das Akteneinsichtsrecht, das allerdings von einem Viertel der Gemeinderäte geltend gemacht werden müsse, erlaube Einblick in den verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess.

Berechtigtes Interesse an Schutz interner Willensbildung

Im Übrigen sei das Interesse der Verwaltung, ihre interne Willensbildung vor Preisgabe zu schützen, etwa im Informationsfreiheitsrecht und beim Recht von Abgeordneten, die Regierung zu befragen, anerkannt. Zweifellos wäre die geforderte Unterrichtung beziehungsweise Auskunft für den Gemeinderat hilfreich, um den vom Oberbürgermeister vorgelegten Haushaltsplanentwurf einschließlich des Stellenplans kritisch zu würdigen und die Notwendigkeit von Änderungsanträgen zu begründen, erkennt das VG Freiburg. Letztlich obliege es aber dem Oberbürgermeister in seiner Gesamtverantwortung gegenüber dem Gemeinderat, eine einheitliche Auffassung der Verwaltung zur Notwendigkeit von Stellen zu vertreten.

VG lässt Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Fraktionsgemeinschaften, deren Klagen abgewiesen wurden, können – die vom Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene – Berufung einlegen.

VG Freiburg, Urteil vom 09.01.2019 - 4 K 1245/18

Redaktion beck-aktuell, 24. Januar 2019.