Ein­rei­se­ver­bot nach Ver­ge­wal­ti­gung: 4 Jahre sind ok, 9 Jahre sind zu viel

Ein Ira­ker be­geht in Deutsch­land eine Ver­ge­wal­ti­gung, der als Hans-Bunte-Fall durch die Me­di­en geht. Er ver­liert sei­nen asyl­recht­li­chen Schutz­sta­tus und wird aus­ge­wie­sen. Au­ßer­dem wird erst ein neun­jäh­ri­ges, spä­ter ein vier­jäh­ri­ges Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot ver­hängt – letz­te­res laut VG Frei­burg zu Recht.

Dem Ira­ker half es nicht wei­ter, dass er Vater einer deut­schen Toch­ter ist. Das Ge­richt stör­te sich auch nicht daran, dass die Aus­län­der­be­hör­de das Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot aus­schlie­ß­lich auf ge­ne­ral­prä­ven­ti­ve Er­wä­gun­gen ge­stützt hatte (Ur­teil vom 14.01.2025 – 8 K 835/24).

Ende 2015 war der Mann nach Deutsch­land ge­kom­men, hatte einen Asyl­an­trag ge­stellt, war als sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ter an­er­kannt wor­den und bekam eine Auf­ent­halts­er­laub­nis. Im Juli 2020 wurde er wegen sei­ner Be­tei­li­gung an der Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gung einer jun­gen Frau auf dem Hans-Bunte-Areal in Frei­burg zu einer mehr­jäh­ri­gen Haft­stra­fe ver­ur­teilt. Im Juli 2021 wurde des­we­gen sein asyl­recht­li­cher Schutz­sta­tus wi­der­ru­fen, wo­ge­gen der Mann er­folg­los klag­te. Au­ßer­dem wies das Re­gie­rungs­prä­si­di­um Frei­burg ihn im Jahr 2022 aus der Bun­des­re­pu­blik aus, ver­häng­te ein neun­jäh­ri­ges Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot und droh­te ihm die Ab­schie­bung in den Irak an.

Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot zu­nächst zu lang

Der Ira­ker klag­te, je­doch weit­ge­hend er­folg­los. Das VG hob le­dig­lich das neun­jäh­ri­ge Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot auf (Ur­teil vom 18.01.2023 – 7 K 512/22, mitt­ler­wei­le rechts­kräf­tig). Das Re­gie­rungs­prä­si­di­um habe er­mes­sens­feh­ler­haft eine zu lange Frist be­stimmt. Denn es sei frag­lich, ob vom Be­trof­fe­nen noch eine kon­kre­te Wie­der­ho­lungs­ge­fahr aus­ge­he. Bei feh­len­der Wie­der­ho­lungs­ge­fahr dürfe die Dauer eines Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bots, das al­lein aus ge­ne­ral­prä­ven­ti­ven Grün­den, also zur Ab­schre­ckung an­de­rer Aus­län­der von der Be­ge­hung ver­gleich­ba­rer Straf­ta­ten ver­hängt werde, höchs­tens fünf Jahre be­tra­gen.

Das Re­gie­rungs­prä­si­di­um re­agier­te auf das Ur­teil und er­ließ An­fang Fe­bru­ar 2024 ein vier­jäh­ri­ges Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bot. Das hielt es für ge­bo­ten, um an­de­re Aus­län­der von der Be­ge­hung ähn­li­cher Straf­ta­ten ab­zu­hal­ten. Die Straf­tat des Ira­kers habe bun­des­wei­te Auf­merk­sam­keit er­langt, das Si­cher­heits­ge­fühl der Be­völ­ke­rung ganz er­heb­lich und nach­hal­tig be­ein­träch­tigt, und nicht zu­letzt der Ge­schä­dig­ten er­heb­li­chen Scha­den zu­ge­fügt. Auch hielt die Be­hör­de die Tat für ge­eig­net, die Ak­zep­tanz von Schutz­su­chen­den nach­hal­tig zu schä­di­gen.

Vier Jahre zur Ab­schre­ckung an­de­rer Aus­län­der an­ge­mes­sen

Wie­der klag­te der ira­ki­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge – die­ses Mal aber ganz ohne Er­folg. Das VG be­stä­tig­te die Dauer des Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bots als er­mes­sens­feh­ler­frei. Das Re­gie­rungs­prä­si­di­um habe davon aus­ge­hen dür­fen, dass die hier be­gan­ge­ne Straf­tat die Aus­schöp­fung der Frist von fünf Jah­ren ge­bie­te, um die ge­wünsch­te ge­ne­ral­prä­ven­ti­ve Wir­kung zu er­rei­chen. Der Ge­ne­ral­prä­ven­ti­on komme bei Ver­ge­wal­ti­gun­gen grund­sätz­lich ein er­heb­li­ches Ge­wicht zu.

Frei von Er­mes­sens­feh­lern habe das Re­gie­rungs­prä­si­di­um dann die Frist um ein Jahr ver­kürzt. Dabei habe es die ein­schnei­den­den Fol­gen des Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bots für die per­sön­li­che Le­bens­füh­rung des Ira­kers, sei­ner Le­bens­ge­fähr­tin und auch sei­ner Toch­ter in den Blick ge­nom­men. An­de­rer­seits habe es er­kannt, dass Kin­des­wohl und El­tern­recht (Art. 6 Abs. 1 GG) und das Recht auf Ach­tung des Fa­mi­li­en- und Pri­vat­le­bens ( Art. 8 EMRK) nicht zwangs­läu­fig zu einem Vor­rang vor dem öf­fent­li­chen In­ter­es­se führ­ten, ver­hal­tens­len­kend auf an­de­re Aus­län­der ein­zu­wir­ken. Das gelte hier umso mehr, als der Ira­ker schon im Wis­sen um die Be­stands­kraft sei­ner Aus­wei­sung die Be­zie­hung zu sei­ner ak­tu­el­len deut­schen Le­bens­ge­fähr­tin auf­ge­nom­men und das Kind ge­zeugt habe.

Das Ur­teil ist noch nicht rechts­kräf­tig. Der Ira­ker kann die Zu­las­sung der Be­ru­fung be­an­tra­gen.

VG Freiburg, Urteil vom 14.01.2025 - 8 K 835/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 23. Januar 2025.

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