"Kein Beitrag der AfD": Freiburger Amtsblatt musste Beitrag von AfD-Stadträten nicht drucken

"Kulturelle Bereicherung am Stühlinger Kirchplatz" lautete die Überschrift, unter der AfD-Stadträte zwei Raubüberfälle mutmaßlicher Ausländer im Freiburger Amtsblatt kommentieren wollten. Nein, sagte dazu neben dem Oberbürgermeister nun auch das VG Freiburg.

Das Recht der Gemeinde- bzw. Stadtratsfraktionen zur Veröffentlichung von Beiträgen im kommunalen Amtsblatt beschränkt sich auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Ein Beitrag der AfD-Fraktion des Freiburger Stadtrates hat diese Grenze übertreten und gleichzeitig wegen unzulässiger Wahlwerbung gegen die kommunalen Redaktionsvorschriften verstoßen. Die Redaktion des Amtsblatts hat den Beitrag deshalb zurecht zurückgewiesen, meint das VG Freiburg (Urteil vom 20.03.2025 – 4 K 5552/24).

"Wir könnten jetzt daran erinnern, dass wir es ja gesagt haben, aber das wäre weder hilfreich noch zielführend" heißt es in dem Entwurf, in dem zwei AfD-Stadträte in der Kategorie "Aus dem Gemeinderat" berichten wollten. Nach einer kurzen Einleitung über zwei lokale Raubüberfälle, bei denen inzwischen wohl Verdächtige "mit dunkler Haut und schwarzen Haaren" gesucht seien, kommentierten sie dabei vor allem das bundespolitische Problem der Ausländerkriminalität. Mit Verweis auf Statistiken des BKA forderten sie eine strengere Grenzkontrolle und konsequente Abschiebungen krimineller Ausländer sowie von Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung. Abgerundet wurde der Text von der Schlussformel "Für eine vernünftige Migrationspolitik und Sicherheit in Freiburg und Deutschland steht nur die AfD".

Die Redaktion wies diesen Beitrag zurück und berief sich dabei auf das geltende Redaktionsstatut der Gemeinde. Der Antrag müsse angepasst werden, da er keine Bezüge zu städtischen Angelegenheiten habe. Das hätte es aber gebraucht, um als Veröffentlichung im Amtsblatt erlaubt zu sein. Die AfD-Abgeordneten passten ihren Beitrag nicht an und wandten sich vor dem VG Freiburg im Wege des Organstreits gegen den Oberbürgermeister. Im Amtsblatt war statt des Beitrags der Hinweis "Kein Beitrag der AfD" erschienen.

Die Abgeordneten waren der Meinung, das Thema betreffe schon daher die Stadt, da durch die Verteilung von Asylbewerbern auch die Stadt Freiburg betroffen sein könnte. Die Migrationspolitik sei an sich ein kommunales Thema, was die örtliche Initiative "Seebrücke – sichere Häfen" zeige. Mit dem Hinweis, man "habe es ja gesagt", bestünde ein Bezug zur kommunalen Ortsarbeit der Gruppe. Außerdem fordere die Redaktion den kommunalpolitischen Bezug "völlig willkürlich". Im Lichte der Meinungs- und Pressefreiheit müsse die staatliche Neutralitätspflicht "einschränkend ausgelegt" werden, wodurch "auch kontroverse Beiträge" veröffentlich werden müssten.

Das VG legte allerdings keinen "einschränkenden", sondern einen strengen Maßstab an die staatliche Neutralitätspflicht an und wies die Klage der Abgeordneten damit zurück.

Kein Anspruch auf Veröffentlichung

Die 4. Kammer führt aus, dass Organe der Gemeinde- bzw. Stadträte ein Beitragsrecht im kommunalen Amtsblatt haben. Jedoch nur dann, wenn die geplante Veröffentlichung mit der Gemeindeordnung und den jeweils örtlichen Redaktionsvorschriften im Einklang stehe. § 20 Abs. 3 GemO gibt Organen das Recht, ihre "Auffassungen zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen". Ebenso setzt die Vorschrift fest, dass das "Nähere" in dieser Sache in einem kommunalen Redaktionsstatut zu regeln ist.

In diesem Fall habe das Redaktionsstatut ergänzend vorgesehen, dass die Kategorie "Aus dem Gemeinderat" nur Themen mit "städtischem bzw. kommunalen Bezug" umfassen solle. So etwa zu "städtischen Vorhaben, Einrichtungen oder Planungen, zu Veranstaltungen mit kommunalpolitischem Bezug oder zu Äußerungen anderer (kommunaler) Fraktionen oder Gruppierungen". Das VG habe durch Auslegung ermitteln müssen, was genau unter diese Begriffe zu fassen sei.

Die Kammer führte aus, dass grundsätzlich alle Themen in Betracht kämen, die in die Verbandszuständigkeit der Gemeinde fielen. Der Begriff decke sich mit den "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" im Sinn des Art. 28 GG. Darunter wiederum fielen alle Bedürfnisse und Interessen, die Gemeindeeinwohnerinnen und -einwohnern gemeinsam seien, indem sie ihr "Zusammenleben in der Gemeinde" beträfen. Da der Gemeinderat kein allgemeinpolitisches, sondern nur ein kommunalpolitisches Mandat habe, kämen nur Themen in Betracht, für die der Gemeinderat auch eine Befassungskompetenz habe. Zwar dürften sich auch Gemeinderäte "aus ortsbezogener Sicht" mit bundesweiten Themen beschäftigen, inhaltlich müssten Beiträge aber in jedem Fall einen spezifischen Ortsbezug haben. Da das durchaus schwierig abzugrenzen sei, müsse ein strenger Maßstab angelegt werden, insbesondere da die Themen an sich nur Gegenstand der bundespolitischen Debatte seien.

Nach diesem Maßstab habe der Beitrag der AfD-Abgeordneten gegen das Redaktionsstatut verstoßen. Er nehme eingangs zwar Bezug auf einen aktuellen Vorfall, der überwiegende Teil befasse sich allerdings mit Ausführungen zur Migrationspolitik und Ausländerkriminalität, wofür kein ausreichender Ortsbezug bestehe. Eine Zuweisung von Geflüchteten oder der Zuzug ausländischer Personen könne zwar an sich kommunale Belange betreffen, spezifisch örtliche Einwirkungen behandle der Beitrag aber nicht. So sei etwa nicht diskutiert worden, welche Einflussmöglichkeiten die Gemeinde bzw. der Gemeinderat bezüglich der Bundes- bzw. Landesmigrationspolitik habe. Die aufgeführten Statistiken würden nur das "Bundeslagebild" wiedergeben, wodurch ebenfalls kein Ortsbezug hergestellt werde. Trotz des Hinweises ("Wir könnten jetzt daran erinnern, dass wir es ja gesagt haben") werde Leserinnen und Lesern indes nicht klar, auf welche vergangenen politischen Handlungen sich die Fraktion nun genau bezog.

Pressefreiheit nicht betroffen

Abgesehen vom fehlenden Ortsbezug sei der Beitrag auch zurecht wegen unzulässiger Wahlwerbung zurückgewiesen worden. Die Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen seien zwar nicht einem "strikten Neutralitätsgebot" unterworfen, schließlich sei es ihnen per Gesetz erlaubt, ihre "Auffassungen" im Amtsblatt zu teilen. Dies sei aber nur in einem Rahmen zulässig, in dem politische Standpunkte, Zielsetzungen und Lösungsalternativen konstruktiv herausgearbeitet würden. Die Schlussformel des Beitrags habe hingegen suggeriert, dass "nur die AfD" in Abgrenzung zu den anderen Fraktionen eine vernünftige Migrationspolitik herbeiführen könne, was sich nicht ausreichend von Werbung von der dahinterstehenden Partei abgrenzen lasse. Für die angesprochenen Themen könne sich die Partei schließlich nur auf Landes- oder Bundesebene einsetzen.

Die Kammer führte außerdem aus, dass die Meinungs- und Pressefreiheit durch diesen strengen Maßstab nicht betroffen seien. Eine Zensur – wie die Abgeordneten hier gemeint hätten – habe nicht stattgefunden. Da es hier um eine Kommunalverfassungsstreit ging, könnten sie nur Rechte geltend machen, die ihnen als Organ des Stadtrates zustünden. Insbesondere auf Grundrechte könnten sie sich daher von vornherein nicht berufen. Insofern sei dies keine Frage von Freiheitsrechten, sondern von organschaftlichen Kompetenzen.

 

VG Freiburg, Urteil vom 20.03.2025 - 4 K 5552/24

Redaktion beck-aktuell, tbh, 12. Juni 2025.

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