Antragstellerin macht Ausnahmeregelung für sich geltend
Die Antragstellerin betreibt an drei Standorten Modehäuser, unter anderem eines in Hanau. Dort werden hauptsächlich Kleidungsprodukte des täglichen Bedarfs, Unterwäsche und Oberbekleidung, Tag- und Nachtwäsche sowie Kinder- und Babykleidung verkauft. Am 25.01.2022 hat sie um einstweiligen Rechtsschutz gegen die sogenannte 2G-Regelung nachgesucht. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr Ladengeschäft unter die Ausnahmeregelung des § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung fallen müsse, da die Mode- und Bekleidungsbranche letztendlich zur Grundversorgung zähle. Weiter verweist die Antragstellerin in ihrem Eilantrag darauf, dass die Aufzählung der Ausnahmen in § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung nicht abschließend sei. Es sei nicht einzusehen, warum unstreitig Betrieben der akuten Versorgung der Bevölkerung wie Apotheken, Drogerien, Tankstellen aber auch solchen wie Gartenmärkten und Blumenfachgeschäften eine Ausnahme von der 2G-Regelung zuerkannt werde, Bekleidungs- und Modegeschäfte jedoch nicht zur Grundversorgung zählen sollen.
VG gibt Antrag mit Bezugnahme auf VGH München statt
Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.01.2022 ist auch das VG Frankfurt zu der Feststellung gelangt, dass aus der Coronavirus-Schutzverordnung nicht mit hinreichender Gewissheit hervorgehe, welche Ladengeschäfte unter die Zugangsbeschränkung 2G fallen sollen. Der Verordnungsgeber lasse zwar die Absicht erkennen, die Ladengeschäfte des Einzelhandels nicht in ihrer Gesamtheit dem Erfordernis der 2G-Regelung zu unterwerfen, sondern nach branchenspezifischen Regelungen eine Differenzierung vorzunehmen. So seien einerseits Lebensmittelmärkte und Apotheken, die der lebensnotwendigen Versorgung der Bevölkerung dienen, andererseits aber auch Buchhandlungen und Blumenfachgeschäfte und Gartenmärkte von den Zugangsvoraussetzungen ausgenommen.
Aneinanderreihung der Ausnahmeregelungen ohne übergeordnete Kriterien
Aus der amtlichen Begründung der Coronavirus-Schutzverordnung werde nur auf die "bevorstehende Weihnachtszeit" Bezug genommen. Das Gericht hat erhebliche Zweifel, ob es sich hierbei überhaupt um eine taugliche Begründung handelt. Jedenfalls müsse der Verordnungsgeber bei einer Verlängerung der Geltungsdauer erneut die Regelungen auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen. Die Richter konnten aufgrund der Aneinanderreihung der Ausnahmeregelungen keine übergeordneten Kriterien erkennen, die für eine Auslegung der Formulierung "und ähnliche Einrichtung" in § 21 Satz 2 der Corona Virus-Schutzverordnung heranzuziehen wären. Weder der Wortlaut der Verordnung noch die Begründung derselben äußerten sich dazu, welche Betriebe der "Grundversorgung" privilegiert werden sollen.
Zuhilfenahme von Begrifflichkeiten im Sozialrecht
Die Kammer griff auf die Begrifflichkeiten im Sozialrecht zurück. Zu den im Sozialgesetzbuch II normierten Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts zählen neben der Ernährung, der Körperpflege und dem Hausrat auch die Kleidung. In Anlehnung an diese Definition sei zumindest ein Mindestbedarf an Kleidung zur Grundversorgung zu zählen, so die Kammer weiter. Sie kommt deshalb zu dem Schluss, dass die Antragstellerin in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung, folgend aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die Coronavirus-Schutzverordnung verletzt ist.