Online-Versicherungsvermittler darf nicht mit Provisionsabgaben an Kunden arbeiten

Mit Urteil vom 19.11.2020 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main eine Klage eines Versicherungsmaklerunternehmens gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgelehnt. Das Geschäftsmodell der Klägerin, die erhaltene Provisionen abzüglich einer Pauschale von 12 Euro an ihre Kunden auszahlt, verstoße gegen das Provisionsabgabeverbot.

Online-Versicherungsvermittler erstattet Provisionen gegen Gebühr

Die Klägerin betreibt seit Mitte 2017 auf ihrer Webseite ein Vergleichsportal für Versicherungstarife. Zugleich haben Kunden die Möglichkeit, über die Klägerin einen neuen Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen oder bereits abgeschlossene Versicherungsverträge an die Klägerin zur aktiven Betreuung zu übertragen. In beiden Fällen wird zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin ein Versicherungsmaklervertrag geschlossen und vereinbart, dass die Klägerin dem Kunden etwaige Abschlussprovisionen beziehungsweise Bestandsprovisionen, die sie von den Versicherungsunternehmen erhält, abzüglich einer Pauschale in Höhe von 12 Euro weiterleitet. 

BaFin: Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot des Versicherungsaufsichtsgesetzes

Die beklagte BaFin schrieb im August und Oktober 2018 die ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungen an und teilte mit, dass sie in der Zusammenarbeit eines Erst-Versicherungsunternehmens mit einem Versicherungsmakler wie beispielsweise der Klägerin auf der Grundlage des ihr gegenwärtig bekannten Geschäftsmodells einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot gemäß § 48b Abs. 4 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetzes sehe. Sie wies darauf hin, dass Versicherungen bei einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin auf Grundlage des streitigen Geschäftsmodells eine Untersagungsanordnung drohe.

Klage auf gerichtliche Verpflichtung zum Erlass neuer Musterschreiben

Die Klägerin begehrt daraufhin die gerichtliche Verpflichtung der BaFin zum Erlass von neuen Musterschreiben an die von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen. Darin soll sie mitteilen, dass sie nicht beabsichtige, Ordnungsmaßnahmen wegen einer Zusammenarbeit auf Grundlage des auf Provisionsweitergabe ausgerichteten Geschäftsmodells der Klägerin zu erlassen. Sie ist der Ansicht, dass die Musterschreiben von August und Oktober 2018 rechtswidrig seien.

VG: Klägerisches Preismodell rechtswidrig

Das VG wies die Klage ab. Zwar habe das Vorgehen der Beklagten für die Klägerin faktisch die Wirkung, als hätte die Beklagte Untersagungsverfügungen gegen die mit ihr kooperierenden Versicherungsunternehmen erlassen. Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin sei infolge der streitigen Schreiben erheblich eingeschränkt worden. Allerdings handele es sich um eine zulässige Aufsichtsmaßnahme der Beklagten, ihre rechtliche Auffassung zu äußern und im Weg eines Rundschreibens auf Missstände hinzuweisen. Nach § 48b Abs. 1 VAG sei es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt, Versicherungsnehmern aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Dies erfasse jede vollständige oder teilweise Provisionsabgabe, wie sie dem Geschäftsmodell der Klägerin zugrunde liege. 

Provisionsabgabe kann zu Fehlanreizen führen

Das Provisionsabgabeverbot solle Fehlanreize verhindern und Verbraucher davor schützen, sich wegen der Aussicht auf eine weitergeleitete Provision für einen für ihn unpassenden Versicherungsschutz zu entscheiden oder daran festzuhalten. Das Geschäftsmodell der Klägerin erfülle auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 48b Abs. 4 Satz 1 VAG, da die vertraglichen Abreden zwischen der Klägerin und ihren Kunden nicht zu einer - wie es der Ausnahmetatbestand fordere - "dauerhaften Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags" führten. Diese könne nur vom Versicherer im Versicherungsvertrag selbst gewährt werden.

VG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.11.2020 - 7 K 2581/19.F

Redaktion beck-aktuell, 20. November 2020.