Schwerstbehinderter setzt prioritäre Berücksichtigung bei Corona-Impfung durch
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Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Stadt verpflichtet, einen fast vollständig gelähmten Mann bei der nächsten Lieferung von Corona-Impfstoffen unter Berücksichtigung seiner Vorerkrankung vorrangig zu berücksichtigen. Für die Sicherheit des Mannes, der nach ärztlichen Bescheinigungen bei einer Covid-19-Erkrankung zur Hochrisikogruppe gehört, reiche es nicht aus, wenn das ihn umgebende Pflegepersonal, nicht aber er selbst geimpft werde.

Ärztliche Zuordnung zu Hochrisikogruppe

Der zu 100% schwerstbehinderte Antragsteller ist unterhalb des Halswirbels gelähmt und verfügt über den Pflegegrad 5. Aufgrund seiner Lähmungen sind auch die Lungenfunktionen eingeschränkt. Nach vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen gehört er zur Hochrisikogruppe bei einer Covid-19-Erkrankung und würde mit Sicherheit beatmungspflichtig werden. Vor dem Hintergrund dieser gesundheitlichen Situation hat sich der Antragsteller sowohl an das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main, als auch an das Hessische Ministerium für Soziales und Integration gewandt und darum gebeten, ihm einen Termin für die jetzige Impfung zu geben.

Stadt für zuständig erklärt

Für sein Anliegen erklärten sich beide Behörden für unzuständig. Daraufhin hat der Antragsteller in zwei Eilanträgen, einmal gerichtet gegen das Land Hessen und einmal gerichtet gegen die Stadt Frankfurt am Main um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht. Wegen der unklaren Zuständigkeitsregelung hat das VG dem Antragsteller in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und in Anwendung der allgemeinen infektionsschutzrechtlichen Zuständigkeitsregelungen die Zuständigkeit letztlich bei der Stadt Frankfurt am Main gesehen. Den Eilantrag des Antragstellers gegen das Land Hessen lehnte es sodann ab.

Impfung des Pflegepersonals nicht ausreichend

Das VG hat Bedenken hinsichtlich der Bildung und Abgrenzung der verschiedenen Gruppen in §§ 2 bis 4 der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV), wenn man diese Personen mit denjenigen in häuslicher Pflege und/oder eingeschränkter Lungenfunktion vergleicht. Für die Sicherheit des Antragstellers sei es nicht ausreichend, wenn das ihn umgebende Pflegepersonal, aber nicht er selbst geimpft werde.

Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung

In der "Soll"-Vorschrift des § 1 Abs. 2 CoronaImpfV werde den Behörden in atypischen Fällen ein Ermessen eröffnet. Diese hätten dann eine eigenständige Einordnung des Antragstellers entsprechend des attestierten ärztlichen Befundes vorzunehmen. Da dies bislang nicht geschehen ist, habe das Gesundheitsamt unter Berücksichtigung aller Erkenntnisse und Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut und der epidemiologischen Lage eine Entscheidung über die Priorisierung des Antragstellers bei der Impfung vorzunehmen. Gegen die Eilbeschlüsse kann Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.

VG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.01.2021 - 5 L 182/21.F

Redaktion beck-aktuell, 1. Februar 2021.