Richtlinie enthält Abschussquoten für Rot-, Dam-, Muffel- und Skiawild
In den Hessischen Wäldern sind seit Jahren erhebliche Schäl- und Verbissschäden festzustellen, die auf überhöhte, den Lebensräumen nicht mehr angepasste Schalenwildbestände zurückzuführen sind. Das Hessische Umweltministerium erließ im Januar 2019 die Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Hessen. Hiernach ist Ziel der Hege und Bejagung des Schalenwildes die Erhaltung gesunder, altersklassenmäßig ausgewogener und insbesondere den Möglichkeiten und Grenzen des Naturraumes angepasster Wildbestände. Die Richtlinie enthält dafür bestimmte Abschussquoten für Rot-, Dam-, Muffel- und Skiawild, gegliedert nach Geschlecht und Altersstufe.
Abschussfestsetzung gegenüber Forstamt
Die Antragstellerin ist eine Hegegemeinschaft, deren Gebiet eine bejagbare Fläche von 44.872 Hektar beträgt. Die hierunter fallenden Waldbereiche werden unter anderem durch das beigeladene Forstamt betreut. Für das Jagdjahr 2019/2020 erarbeitete die Antragstellerin auf der Grundlage ihrer eigenen Richtlinien einen Vorschlag zur Abschussplanung für das Rotwildgebiet Hessischer Spessart. In ihrer Mitgliederversammlung konnte hierüber kein Einvernehmen erzielt werden. Die Sache wurde daher an den Antragsgegner – dem Regierungspräsidium als obere Jagdbehörde – abgegeben. Dieser erließ gegenüber dem Forstamt als Jagdausübungsberechtigtem eine Abschussfestsetzung für das Jagdjahr 2019/2020 mit einem Gesamtabschuss von 542 Stück Rotwild.
Antragstellerin: Schalenwildrichtlinie nichtig
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag gegen die gegenüber dem Forstamt ergangene Abschussplanfestsetzung. Sie ist der Auffassung, die der Festsetzung zugrundeliegende Schalenwildrichtlinie sei nichtig, da in allein ihr als Hegegemeinschaft obliegende Aufgaben und Befugnisse eingegriffen würde. Die Abschussplanung selbst verstoße gegen grundlegende wildbiologische Erkenntnisse. Es würden keine Schäl- und Verbissschäden vorliegen, die einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung der Waldflächen widersprechen würden.
VG: Kein Anspruch auf Anwendung der eigenen Bejagungsrichtlinien
Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Es sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Anordnung des Abschusses von 542 Stück Rotwild nach den Maßgaben der Schalenwildrichtlinie rechtswidrig sei. In die Aufgaben und Kompetenzen der Antragstellerin sei durch die obere Jagdbehörde nicht eingegriffen worden. Auch seien ihre Mitwirkungsrechte gewahrt. Vielmehr habe sich die Mitgliederversammlung der Antragstellerin nicht auf den Abschussplan ihres Vorsitzenden verständigen können, der der unteren Jagdbehörde hätte zugeleitet werden können. Stehe nicht einmal die Stimmenmehrheit in ihrer eigenen Organisation hinter dem Vorschlag, könne der Antragsgegner auch nicht gerichtlich zu dessen Festsetzung verpflichtet werden. Die Kammer betonte, dass ein Abschussvorschlag der Antragstellerin ohnehin nicht mehr als eine Arbeitsgrundlage darstelle, die die Jagdbehörde nicht binde. Daraus folge auch, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Anwendung ihrer eigenen Bejagungsrichtlinien habe.
Interesse der Jagdausübungsberechtigten nachrangig
Weiterhin führt die Kammer aus, dass die Vorgaben des Bundejagdgesetzes und des Hessischen Jagdgesetzes eingehalten seien. Hiernach sollen Abschussregelungen in erster Linie dem Schutz des Waldes und der Forstwirtschaft vor Wildschäden dienen. Neben diese waldwirtschaftliche Nutzfunktion trete gleichrangig die Bedeutung des Waldes für die Umwelt und die Erholung des Menschen. Demgegenüber sei das Interesse der Jagdausübungsberechtigten an der Erhaltung eines gleichbleibend hohen Wildbestandes von geringerem Gewicht.
Übermäßige Schälbelastung durch Gutachten belegt
Der Antragsgegner habe eine übermäßige Schälbelastung im Rotwildgebiet Hessischer Spessart durch die Vorlage forstrechtlicher Gutachten plausibel dargelegt. Daher habe das Gericht auch keine Zweifel daran, dass eine die Vegetation spürbar entlastende Reduzierung des Rotwildbestands anzustreben ist. Angesichts der unbestritten steigenden Rotwildpopulation, mit der das Lebensraumangebot nicht Schritt halte, sei daher bei einem Abschussplan gemäß der Schalenwildrichtlinie auch kein Zusammenbruch dieser Population zu befürchten.