Grillgeschäft darf ohne zusätzliche Beschränkungen öffnen

Eine Gewerbetreibende, die Grills und Grillprodukte verkauft, darf ihren Laden vorläufig ohne die zusätzlichen Beschränkungen betreiben, die § 3a Abs. 1 Satz 1 Nr. 22 der hessischen Corona-Kontakt-Betriebsbeschränkungsverordnung vorsieht. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main sieht eine nicht gerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung gegenüber Garten-, Bau- und Heimwerkermärkten, zu denen Kunden ohne das "click and meet"-Verfahren und ohne die strengere Quadratmeterregelung Zugang hätten.

Anordnung gegen zusätzliche Beschränkung beantragt

Die Antragstellerin, die Grills, Grillzubehör und Grillprodukte vertreibt, verfügt über ein umfassendes Hygienekonzept für ihre circa 280 Quadratmeter große Verkaufsfläche. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Garten-/Bau-/Heimwerkermarkt. Sie beantragte gegen die Beschränkung nach § 3a Abs. 1 Satz 2 Nr.22 der hessischen Corona-Kontakt-Betriebsbeschränkungsverordnung (CoKoBeV) den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegenüber dem zuständigen Kreis als auch gegenüber der Gemeinde, in deren Gebiet sich die Verkaufsstelle befindet.

Antrag zulässig – Betriebsbeschränkung selbstvollziehend

Das VG hat daraufhin festgestellt, dass die Antragstellerin ihre Filiale ohne zusätzliche Betriebsbeschränkungen betreiben darf. Gegen die zusätzlichen Betriebsbeschränkungen nach § 3a Abs. 1 Satz 2 Nr. 22 CoKoBeV bestünden erhebliche rechtliche Bedenken. Zur Zulässigkeit des Antrags hat das VG ausgeführt, dass die CoKoBeV selbstvollziehend sei und die Antragstellerin nicht erst einen Verwaltungsakt abwarten müsse, um dagegen vorzugehen. Auch sei es ihr nicht zuzumuten, eventuell erst ein Bußgeld abzuwarten, um dann in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren eine Überprüfung der Regelung zu erreichen.

Verstoß gegen EU-Recht und Grundgesetz

Des weiteren stellte das Gericht fest, dass der Normbefehl in § 3a Abs.1 Satz 1 Nr. 22 CoKoBeV sowohl gegen Vorgaben des Europarechts als auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG verstößt und auch nicht geltungserhaltend ausgelegt werden kann. Auch werde durch die Erklärung der Nichtanwendbarkeit von Normen der DS-GVO gegen europarechtliche Vorgaben, wie sie in der DS-GVO ihren Niederschlag gefunden haben, verstoßen. Unter keinen erdenklichen Gesichtspunkten sei die hessische Landesregierung ermächtigt, Akte der europäischen Gesetzgebung pauschal für nicht anwendbar zu erklären, so das VG.

Differenzierung bezüglich der Verkaufsstellen nicht nachvollziehbar

Ferner sei auch die Differenzierung der gebildeten Gruppen von Verkaufsstellen in § 3a Abs. 1 Nr. 18, 20 und 21 CoKoBeV einerseits und in § 3a Abs. 1 Satz 2 Nr. 22 andererseits nicht nachvollziehbar. In der allgemeinen Begründung heiße es dazu, dass Bau- und Heimwerkermärkte nunmehr dem offenstehenden Einzelhandel zugerechnet würden und damit dem erweiterten Versorgungsbedarf der Bevölkerung angesichts der nunmehr bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels dienten. Diese Argumentation weise keinen infektionsschutzrechtlichen Bezug auf und könne daher eine Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Verkaufsstätten nicht rechtfertigen, so das VG.

Garten- und Baumärkte haben Wettbewerbsvorteil

Es komme zu Wettbewerbsverzerrungen, da identische Produkte unter unterschiedlichen Konditionen angeboten würden, erklärt das Gericht. Die Unterscheidung von Garten- und Baumärkten einerseits und der Verkaufsstelle der Antragstellerin mit dem Grillsortiment andererseits sei nicht nachvollziehbar. Die Unterscheidung zwischen diesen Betriebsstätten mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Möglichkeiten, die Verkaufsstellen zu betreten, sei rechtsstaatlich nicht begründbar.

Sachfremde Argumentation mit Blick auf epidemiologische Lage

In Bezug auf die "aktuelle epidemiologische Situation" lasse sich auch nicht einmal ansatzweise erkennen, warum bei Gartenmärkten, Blumenläden, Bau- und Heimwerkermärkten einerseits die Regelung gelte, dass "…auf die ersten 800 Quadratmetern Verkaufsfläche höchstens eine Person je angefangener Verkaufsfläche von zehn Quadratmetern und auf die folgenden 800 Quadratmeter höchstens eine Person je angefangenen 20 Quadratmetern…" eingelassen werden dürfe, die Antragstellerin andererseits aber höchstens einer Person je angefangener Verkaufsfläche von 40 Quadratmetern Zutritt gewähren dürfe. Das Argument der "bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels" habe keinen infektionsschutzrechtlichen Bezug und sei daher für die getroffenen Differenzierungen sachfremd.

Zweifel an Sinnhaftigkeit des "click and meet"-Verfahrens

Zudem hegt das Gericht Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Verfahrens "click and meet", zumal eine Anmeldung direkt vor Ort nicht ausgeschlossen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die nach § 3 CoKoBeV in jedem Fall erforderlichen Hygieneregeln in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht nicht ausreichend seien.

VG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.03.2021 - 5 L 623/21.F

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2021.

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