Streit um Ausfuhr unbestrahlter Brennelemente
Die Klägerin ist ein bundeseigenes Unternehmen, das mit der Beseitigung der nuklearen Altlasten aus einem 1988 endgültig abgeschalteten Atomreaktor in Jülich beauftragt ist. Sie lagert auf ihrem Betriebsgelände unter anderem 288.285 abgebrannte Brennelemente sowie 33 noch unbestrahlte Brennelemente desselben Bautyps, deren Ausfuhr Gegenstand des Rechtsstreits ist. Die Klägerin war 2014 von der Aufsichtsbehörde verpflichtet worden, die abgebrannten Brennelemente unverzüglich aus ihrem CASTOR-Behälterlager zu entfernen, weil dessen Genehmigung abgelaufen war. Zur Umsetzung der Anordnung erwägt die Klägerin seither neben der Verbringung der hoch-radioaktiven Abfälle in ein anderes deutsches Zwischenlager auch die Option, alle Brennelemente zur Entsorgung in die USA zu exportieren.
Kooperation mit US-amerikanischer Nuklearfirma
Die US-Option hält die Beklagte jedoch wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip der Entsorgung deutschen Atommülls im Inland für rechtlich unzulässig. Für die US-Option ging die Klägerin im März 2014 eine Kooperation mit einer zum US-amerikanischen Energieministerium gehörigen großen Nuklearfirma ein. Diese entwickelte ein neuartiges Verfahren zur Auflösung von Brennelementen, das den Anteil hochradioaktiven Abfalls vor einer Endlagerung reduzieren soll. Zur Erprobung, ob das im Labor entwickelte Verfahren auch im großtechnischen Maßstab, insbesondere bei den 288.285 abgebrannten deutschen Brennelementen, funktioniert, benötigt sie die streitgegenständlichen unbestrahlten Brennelemente.
Klage auf atomrechtliche Export-Genehmigung
Über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausfuhr der 33 unbestrahlten Brennelemente zu ihrer amerikanischen Partnerfirma vom Mai 2018 hat die Beklagte bisher nicht entschieden. Im Oktober 2018 hat die Klägerin daher Klage erhoben. Sie meint, dass ihr die atomrechtliche Export-Genehmigung aus rein politischen Gründen vorenthalten würde. Durch die Erprobung der großtechnischen Umsetzung des neuen Verfahrens könne sie ein kommerziell verwertbares Patent erlangen. Dieses sei für sie auch von Nutzen, falls sich die US-Entsorgungsoption für die 288.285 abgebrannten Brennelemente nicht werde realisieren lasse. Mit der Genehmigung dürfe daher nicht weiter gewartet werden.
VG verweist auf verschiedene Anwendungsbereiche
Das Gericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Erteilung der beantragten Ausfuhrgenehmigung verpflichtet. Es könne dahinstehen, ob die Entsorgung der abgebrannten Brennelemente in den USA erlaubt sei. Die Klägerin habe wegen der Aussicht auf den Erwerb eines Patents ein davon unabhängiges Interesse an der Behandlung der unbestrahlten Brennelemente in den USA. Das Patent eröffne nämlich verschiedene Anwendungsbereiche. Eine weitere Untätigkeit der Beklagten sei daher nicht zu rechtfertigen.
Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik gewahrt
Die Genehmigungsvoraussetzungen lägen vor, so das VG weiter. Insbesondere gingen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik durch den geplanten Export der Brennelemente nicht berührt würden, weil die ursprünglich rein militärische Atomanlage der USA eine strikte Trennung zwischen der militärischen und zivilen Nutzung der Kernenergie vornehme. Auch habe die Beklagte angeführt, dass die beantragte Menge für eine Atomwaffen-Produktion beziehungsweise kerntechnische Anlage in einem militärisch relevanten Maßstab viel zu gering sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen.