VG Düsseldorf: Nachversicherung für beamtete Lehrer nach Wechsel in anderen EU-Mitgliedstaat EU-rechtswidrig

Die nordrhein-westfälische Praxis der Nachversicherung von Beamten, die auf eigenen Antrag aus dem Dienst ausgeschieden sind, um in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arbeitnehmer tätig zu sein, ist unvereinbar mit dem Europarecht. Sie bedingt eine geringere Altersversorgung und stellt damit eine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer dar. Entsprechend ist der erlittene finanzielle Nachteil vom Land Nordrhein-Westfalen auszugleichen. Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 26.02.2018 entschieden (Az.: 23 K 6871/13).

Keine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge

Hintergrund ist die Klage eines ehemaligen Lehrers, der von 1980 bis 1999 in Nordrhein-Westfalen – zuletzt als Oberstudienrat – tätig war. Zum 01.09.1999 nahm er eine Tätigkeit als Lehrer in Österreich auf, die er bis zum Erreichen seines Rentenalters ausübte. Infolge des Wechsels nach Österreich musste er auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden. Nach seinem Eintritt in den Altersruhestand erhält er keine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nach nordrhein-westfälischem Recht. Stattdessen ist er seinerzeit gemäß § 8 SGB VI bei der Deutschen Rentenversicherung nachversichert worden.

Versorgungsansprüche niedriger

Anders als Lehrer, die vom Land im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, konnte er mit der Nachversicherung keine Versorgungsansprüche bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erwerben. Nach Erreichen der Altersgrenze erhält er – neben seinen in Österreich erworbenen Pensionsansprüchen – eine monatliche Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von knapp über 1.050 Euro für seine Tätigkeit in Deutschland. Würden ihm für seine Tätigkeit als beamteter Lehrer in Nordrhein-Westfalen Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährt, fielen diese höher aus.

EuGH bejaht Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Das VG sieht in der Praxis der Nachversicherung einen mit EU-Recht nicht zu vereinbarenden Eingriff in die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 45 AEUV. Es legte daher mit Beschluss vom 16.04.2015 dem Europäischen Gerichtshof entsprechende Fragen vor (BeckRS 2015, 44309). Der EuGH hat daraufhin festgestellt, dass diese nordrhein-westfälische Praxis eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bedeutet (NVwZ 2016, 1465).

Ausgleichsbetrag für Verlust der Altersversorgung zuzuerkennen

Nunmehr hat das VG Düsseldorf das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, dem ehemaligen Lehrer antragsgemäß einen Ausgleichsbetrag für den Verlust der Altersversorgung infolge seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zuzuerkennen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass das System der Nachversicherung aufgrund der geringeren Altersversorgung einen Eingriff in Art. 45 AEUV darstelle. Durch die geringere Altersversorgung könnten sich Beamte aus Nordrhein-Westfalen gehindert sehen, eine andere Tätigkeit innerhalb der EU aufzunehmen. Das Land müsse dem früheren Beamten einen Ausgleichsbetrag gewähren. Dabei sei er so zu stellen, als wären ihm die bisher im Beamtenverhältnis erdienten Anwartschaften auf ein Ruhegehalt erhalten geblieben. Hinzuzurechnen seien entsprechende Vordienstzeiten aufgrund des Studiums. Die Höhe des Betrages werde das Land festzusetzen haben.

Berufung kann zugelassen werden

Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster möglich.

Redaktion beck-aktuell, 5. März 2018.

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