Verbot geplanter Querdenker-Demonstration in Dresden bestätigt

Es bleibt beim Verbot der für den 15.05.2021 in Dresden geplanten Querdenker-Demonstration. Das Verwaltungsgericht Dresden hat in einem Eilverfahren die Einschätzung der Stadt bestätigt, dass das Infektionsgeschehen in Dresden und Sachsen den Versammlungen entgegenstehe. Es sei ein unübersichtliches, mit Blick auf die Hygieneregelungen nicht zu beherrschbares Versammlungsgeschehen zu erwarten.

Versammlungen an drei Orten innerhalb Dresdens angezeigt

Der Anmelder der Versammlungen hatte bei der Stadt zunächst drei Versammlungen in Dresden – zum einen mit einer erwarteten Teilnehmerzahl von bis zu 3.000 Teilnehmer am Königsufer, zum anderen mit einer Teilnehmerzahl von jeweils bis zu 1 .000 Teilnehmern am Altmarkt und auf der Cockerwiese – angezeigt. Später legte er alternativ ein Hygienekonzept für eine Versammlung mit bis zu 4.000 Teilnehmern vor. Dem Anmelder war in Gesprächen mit der Stadtverwaltung dargelegt worden, dass nach den einschränkenden Regelungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vom 04.05.2021 Versammlungen unter freiem Himmel nur ortsfest und mit höchstens 1.000 Teilnehmern bei Nutzung eines medizinischen Mund-Nase-Schutzes und unter Einhaltung von Mindestabständen der Teilnehmer untereinander abgehalten werden können. Eine Ausnahme hiervon könne auch nicht mit Blick auf das vorgelegte Hygienekonzept gewährt werden, weil dieses unzureichend und nicht durchführbar sei. Die Versammlungsbehörde hatte zugleich zum beabsichtigten Versammlungsverbot angehört.

Stadt verbietet alle Versammlungen und Ersatzversammlungen

Die Stadt verbot die angemeldeten Versammlungen sowie alle Ersatzversammlungen im Stadtgebiet. Sie bezog ich zur Begründung auf die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes, wonach Versammlungen aus Gründen des Infektionsschutzes eingeschränkt oder untersagt werden könnten. Ferner berief sie sich auch auf das Sächsische Versammlungsgesetz, wonach Versammlungen von Auflagen abhängig gemacht werden oder verboten werden könnten, wenn durch die Versammlung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist. Die Behörde argumentierte, dass die Einschränkung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit in Form eines Verbots der Versammlungen gerechtfertigt sei. Gründe dafür seien die nach wie vor durch Corona hervorgerufenen hohen Infektionsraten in Dresden.

Hygienebestimmungen bei vergangenen Veranstaltungen nicht eingehalten

Versammlungen könnten bis zu einer Teilnehmerzahl von 1.000 Personen bei Einhaltung aller einschlägiger Hygienevorschriften noch unbedenklich im Hinblick auf Infektionen durchgeführt werden. Im Fall der vorliegend angezeigten Versammlungen sei dies nicht der Fall. In der Vergangenheit habe sich bei vom Anmelder angezeigten Versammlungen in Dresden am 31.10.2020, am 13.03.2021 und am 17.04.2021 gezeigt, dass er nicht in der Lage und wohl auch nicht willens gewesen sei, das Versammlungsgeschehen zu beeinflussen. Bei den behördlich verbotenen Versammlungen am 13.03.2021 und am 17.04.2021 habe er auch nicht darauf hingewirkt, dass keine Teilnehmer anreisen. Er sei somit schon nicht in der Lage gewesen, die damals geltenden vergleichbaren Hygienebestimmungen durchzusetzen.

Teilnehmer missachteten Hygienebestimmungen teils massiv

Die Hygienebestimmungen seien von den Teilnehmern der verbotenen Versammlungen weitgehend und teilweise massiv missachtet worden. Bei den montäglichen Versammlungen des Versammlungsanmelders und Antragstellers im gerichtlichen Eilverfahren in den vergangenen Wochen in Dresden habe sich zwar gezeigt, dass er Versammlungen von bis zu etwas mehr als 100 Personen im Hinblick auf die Einhaltung der Hygieneregeln noch einigermaßen beherrschen könne. Bei darüberhinausgehenden Personenzahlen von 500 Personen sei dies jedoch selbst bei einem Einsatz von Ordnern nicht mehr der Fall.

Wohl keine Möglichkeit der Steuerung "überzähliger" Versammlungsteilnehmer

Bei dem angezeigten Versammlungsgeschehen sei absehbar zu befürchten, dass sich die Teilnehmer zunächst auf dem Königsufer einfinden würden, weil diese Versammlung für sie die höchste Attraktivität böte. Der Antragsteller habe nicht aufzeigen können, wie er "überzählige" Versammlungsteilnehmer zu den anderen Versammlungsflächen umleiten wolle und inwieweit er dies voraussichtlich steuern könne.

Behörde befürchtet unzulässige aufzugsähnliche Situationen

Darüber hinaus sei bei Durchführung der Versammlungen an drei verschiedenen Orten im Innenstadtbereich und den dort vorhandenen weiteren Passanten sowie den Polizeibediensteten zu befürchten, dass aufzugsähnliche Situationen zwischen den einzelnen Versammlungsflächen entstünden. Aufzüge seien nach § 17 Abs. 1 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung jedoch nicht zulässig.

Stadt erwartet unübersichtliches, nicht zu beherrschendes Versammlungsgeschehen

Es sei zu erwarten, dass auch ohne öffentliche Mobilisierung – diese finde weitgehend in geschlossenen Gruppen in sozialen Medien statt – wegen eines hohen Mobilisierungspotentials eine große Anzahl an Versammlungsteilnehmern nach Dresden kommen werde, da es sich um die einzige sachsenweit für diese Tag angezeigte "Großveranstaltung" handele. Insgesamt gehe die Stadt von einem unübersichtlichen Versammlungsgeschehen im Innenstadtbereich aus, das aus Infektionsschutzgründen zu verbieten sei, weil es nicht mehr beherrscht werden könne.

VG: Infektionsgeschehen in Dresden und Sachsen rechtfertigt Verbot

Das VG Dresden ist dieser Einschätzung gefolgt. Das Verbot sei durch das anhaltend hohe Infektionsgeschehen in Dresden und in Sachsen gerechtfertigt. Die Inzidenzzahlen belegten dies ebenso wie die Anzahl der wegen einer Corona-Erkrankung hospitalisierten Personen. Die gegen die Ermittlung der Inzidenzzahlen vorgebrachten Bedenken des Antragstellers überzeugten nicht. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber entschieden, dass diese Inzidenzzahlen Grundlage für die Abbildung des Infektionsgeschehens seien.

Auch VG geht von unübersichtlichem Versammlungsgeschehen aus

Es sei nicht zu erwarten, dass die Versammlungsteilnehmer, namentlich wenn diese von außerhalb anreisten, die Stadt wieder verlassen, sobald sie feststellen sollten, dass auf den angezeigten Versammlungsflächen bereits die zulässige Teilnehmerzahl erreicht sei. An der zutreffenden Einschätzung der Versammlungsbehörde in Bezug auf ein unübersichtliches Versammlungsgeschehen ändere sich auch nichts durch die Verlegung eines Drittliga-Fußballspiels vom Samstag auf den Sonntag. Rechtlich nicht zu beanstanden seien auch das Verbot von Ersatzversammlungen im gesamten Stadtgebiet sowie die Verpflichtung des Antragstellers, das Verbot der Versammlungen auf den Wegen zu kommunizieren, auf denen er die Versammlungen beworben habe.

VG Dresden, Beschluss vom 12.05.2021 - 6 L 351/21

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2021.