Gedenkstein auf Privatgrundstück neben Wanderweg aufgestellt
Die Partei hatte den circa zwei Meter hohen Stein am 29.04.2023 auf einem privaten Grundstück, an dem ein Wanderweg vorbeiführt, aufgestellt. Gegen eine von der Polizeidirektion Dresden am 03.05.2023 ausgesprochene Verfügung, den Stein bis zum 08.05.2023 zu entfernen und ihn unverzüglich so abzudecken, dass die Inschrift nicht mehr lesbar ist, hatte die Partei Widerspruch erhoben. Diesen hatte die Polizeidirektion am 05.05.2023 zurückgewiesen und ihren Bescheid vom 03.05.2023 für sofort vollziehbar erklärt. Dagegen hat die Partei noch am selben Tag Klage erhoben (Az.: 6 K 687/23) und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Gefahr für öffentliche Sicherheit durch Verstoß gegen Strafgesetze
Der Eilantrag war jetzt vor dem VG Dresden erfolglos. Dieses geht in Übereinstimmung mit der Behörde davon aus, dass der Stein wegen seiner Inschrift eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Diese umfasse die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie des Bestandes, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr, die ein polizeiliches Einschreiten rechtfertige, liege insbesondere auch bei einem drohenden Verstoß gegen Strafgesetze vor. Hierbei reiche es aus, wenn der objektive Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt sei. Dies betreffe unter anderem auch die Tatbestände der Beleidigung (§ 185 StGB), der üblen Nachrede (§ 186 StGB) und der Verleumdung (§ 187 StGB), insbesondere auch, wenn sich diese gegen Personen des öffentlichen Lebens richten (§ 188 StGB), sowie der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB).
Verunglimpfung des Staates
Das VG hat nach Abwägung insbesondere mit dem Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, das nach Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt ist, entschieden, dass die Aufschrift auf dem Stein den Anfangsverdacht der Straftatbestände der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB) und der gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§ 188 StGB) begründe. Das Gericht hat sich hierbei der vorläufigen Auffassung der Staatsanwaltschaft Dresden angeschlossen.
Gleichstellung Sachsens mit NS-Staat
Die Aufschrift auf dem Stein wecke durch die Verwendung des Begriffs des "Impfexperiments" nach dem maßgebenden Verständnis des unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums die Assoziation zu Impfexperimenten der Nationalsozialisten, insbesondere im KZ Buchenwald zur Fleckfieberinfektion. Dadurch erfolge eine Gleichstellung des Freistaates Sachsen mit dem NS-Staat. Durch die Verwendung des Begriffs des "Kretschmer-Regimes" werde darüber hinaus die sächsische Staatsregierung als eine diktatorische Regierung und illegitime Herrschaft dargestellt. Der Vorwurf von "Zwangsmaßnahmen" spreche zudem den Maßnahmen des Freistaates Sachsen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Rechtsstaatlichkeit ab und greife damit die verfassungsmäßige Ordnung an.
Verhöhnung tatsächlicher Opfer
Durch die Verwendung deutlich abwertender Begrifflichkeiten werde auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit der Rahmen einer im politischen Meinungskampf zulässigen Machtkritik überschritten. Angesichts der aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen und -impfungen nicht erkrankten beziehungsweise verstorbenen Personen den angeblichen Opfern eines "Impfexperiments" und von "Zwangsmaßnahmen" in Form eines Grabsteins zu gedenken, verhöhne zugleich auch die tatsächlichen Opfer der Impfexperimente des NS-Staates sowie der Corona-Pandemie. Gegen den Beschluss steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Sächsische Oberverwaltungsgericht offen.