VG Bremen weist Medienbericht über geheime Absprachen des Gerichts mit BAMF zurück

Das Verwaltungsgericht Bremen tritt der aktuellen Berichterstattung des Magazins "Der Spiegel" (Nr. 35 vom 25.08.2018) über angebliche Mauscheleien bei Klagen abgelehnter Asylbewerber entgegen. Das Magazin habe in seiner letzten Ausgabe berichtet, eine einfache Nachfrage der Richter des VG Bremen beim Prozessbevollmächtigten des Bremer Flüchtlingsamtes habe ausgereicht und aus Ablehnungen der Asylanträge seien kurzerhand Anerkennungen geworden. Die Richter hätten sich so ihrer Aktenlast entledigt. Laut VG Bremen gibt es für diese Behauptung bisher weder Anhaltspunkte noch Belege.

Anonyme Anruferin erhob Vorwürfe

Zutreffend sei, dass sich eine anonyme Anruferin beim Bürgerservice des Bundesinnenministeriums gemeldet und als Verwaltungsrichterin des VG Bremen ausgegeben habe. Über den Inhalt des Telefongespräches sei ein Vermerk erstellt worden, in dem die angeblich aufgestellten Behauptungen wiedergegeben werden. Andere Hinweise auf ein wie auch immer geartetes Fehlverhalten einer Richterin oder eines Richters des VG Bremen im Rahmen von Asylklageverfahren lägen nicht vor.

VG Bremen: Keine Auffälligkeiten

Auch die Gerichtsstatistik belege, dass in Asylklageverfahren am Bremer VG ebenso häufig durch Urteil entschieden werde wie im Durchschnitt an allen anderen Verwaltungsgerichten der Bundesrepublik Deutschland. Die Anzahl der Verfahren, in denen es nicht zu einem Urteil kommt, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuvor zugunsten der Kläger den Bescheid abgeändert hat, hätten am VG Bremen keinerlei Auffälligkeiten aufgewiesen, so das VG. Eine besondere Häufigkeit von Abhilfeentscheidungen des Bundesamtes während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens in Bremen gebe es nicht.

BAMF machte 2015 in mehreren Fällen von Selbsteintrittsrecht Gebrauch

Die meisten Abhilfeentscheidungen des BAMF fänden in den sogenannten Dublin-Verfahren statt, fährt das VG Bremen fort. In diesen Verfahren gehe es um die Rückführung von Asylbewerbern, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben. Hier habe das Bundesamt gerade in dem im Artikel des Spiegel angesprochenen Jahr 2015 in mehreren Fällen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht. Das Bundesamt habe dabei die Rückführungsbescheide aufgehoben und selbst ein Asylverfahren durchgeführt, in der Regel weil eine Rückführung nach Italien, Griechenland, Rumänien oder Bulgarien zum damaligen Zeitpunkt aussichtslos erschienen sei. Diese Entscheidungen treffe das Bundesamt in eigener Zuständigkeit, betont das VG. Eine Überprüfung durch das VG finde nicht statt.

Auch Hinweis eines Richters deutet nicht auf geheime Absprachen

"Der Spiegel" berichte ferner über den Hinweis eines Richters am Verwaltungsgericht. Richtig sei, dass ein Richter des Bremer VG ein von ihm als kritikwürdig angesehenes Verhalten eines Prozessbevollmächtigten des BAMF auf dem Dienstweg zur Anzeige gebracht hat. Ob sich aus den Schilderungen des Richters ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Bundesamtes ergibt, entscheide die Staatsanwaltschaft. Anhaltspunkte für geheime Absprachen von Richtern des VG mit Mitarbeitern des BAMF ergäben sich auch aus der Anzeige des Richters nicht, betont das VG.

VG auch nicht im Fokus der Staatsanwaltschaft

Es treffe schließlich auch nicht zu, dass das VG in den Fokus der Ermittler der Bremer Staatsanwaltschaft gerückt sei, unterstreicht das Gericht. Die Staatsanwaltschaft Bremen habe dem "Spiegel" auf dessen Anfrage vielmehr mitgeteilt, dass sich nach vorläufiger Überprüfung von 337 Abhilfebescheiden keine strafrechtlich relevanten Gesichtspunkte ergeben hätten.

Gerichtspräsident bemängelt fehlende Gelegenheit zur Stellungnahme

"Es ist bedauerlich, dass uns "Der Spiegel" vor dem Abdruck des Artikels keine Gelegenheit gegeben hat, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Mittels einer Nachfrage beim Gericht hätte man feststellen können, dass es keinerlei Belege oder Anhaltspunkte für ein unzulässiges Zusammenwirken von Gericht und Bundesbehörde gibt", sagte Peter Sperlich, Präsident des VG Bremen.

Redaktion beck-aktuell, 27. August 2018 (dpa).