Behörden müssen gegen Gehwegparker in Wohnstraßen einschreiten

Anwohner von Straßen, in denen nicht nur vereinzelt, sondern dauerhaft verkehrsordnungswidrig auf Gehwegen aufgesetzt geparkt wird, sind grundsätzlich berechtigt, von der Straßenverkehrsbehörde ein Einschreiten zu verlangen. Dies hat das Verwaltungsgericht Bremen mit einem am 22.02.2022 veröffentlichten Urteil entschieden. Zwar hätten die Behörden hier grundsätzlich ein Ermessen, aber im konkreten Einzelfall müsse sie einschreiten.

Unerlaubtes Parken auf dem Gehweg

Die Kläger sind Anwohner eines Bremer Stadtviertels, in dem seit Jahren auf beiden Straßenseiten aufgesetzt auf den Gehwegen geparkt wird, obwohl dies dort nicht erlaubt ist. Ihr Antrag auf Einschreiten gegen diesen verkehrsordnungswidrigen Zustand wurde von der Straßenverkehrsbehörde abgelehnt. Die Behörde führte aus, dass sie keinen Handlungsspielraum habe, wenn sich die für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden (Ordnungsamt, Polizei und kommunaler Ordnungsdienst) aufgrund des ihnen zustehenden Ermessens gegen ein Einschreiten entschieden. Verkehrsschilder seien nicht aufzustellen, da den Autofahrern die Parkvorschriften bekannt seien. Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, dass die Straßenverkehrsbehörde geeignete Maßnahmen gegen das aufgesetzte Gehwegparken ergreifen und anschließend evaluieren müsse. Sie könne beispielsweise anordnen, dass die Autos entfernt werden, Zwangsmittel anwenden, Pfähle installieren oder Verkehrsschilder aufstellen. Welche Maßnahme sie konkret ergreife, stehe in ihrem Ermessen. Der ordnungswidrige Zustand müsse aber beendet werden, da die Gehwege durch das aufgesetzte Gehwegparken zu eng seien, um sie ungehindert und gefahrlos zu nutzen.

VG gibt Anwohnern Recht

Das Verwaltungsgericht hat der Klage in der Sache stattgegeben. Die Kläger seien als Anwohner von Straßen, in denen nicht nur vereinzelt, sondern dauerhaft verkehrsordnungswidrig auf den Gehwegen geparkt werde, grundsätzlich berechtigt, von der Straßenverkehrsbehörde ein Einschreiten zu verlangen. Die Vorschriften, aus denen das grundsätzliche Verbot des Gehwegparkens folgt (§ 12 Abs. 4 und 4a StVO), dienten nicht allein dem Interesse der Allgemeinheit, sondern auch dem der konkret betroffenen Anwohner. Die Straßenverkehrsbehörde könne als fachlich spezialisierte Behörde verschiedene Maßnahmen gegen das aufgesetzte Gehwegparken ergreifen und sei insbesondere nicht auf das Aufstellen von Verkehrsschildern beschränkt.

Behörden müssen gegen Falschparker vorgehen

Da die rechtlichen Voraussetzungen für ein Vorgehen im Wege des Erlasses von Entfernungsanordnungen, des Aufstellens von Verkehrsschildern, des Verwaltungsvollstreckungsrechts, aber auch niedrigschwelliger Maßnahmen gegeben seien, stehe der Straßenverkehrsbehörde grundsätzlich ein Ermessen zu, ob sie gegen das aufgesetzte Gehwegparken einschreitet. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls dürfe sich die Straßenverkehrsbehörde aber nicht grundsätzlich gegen ein Einschreiten entscheiden. Denn die Kläger seien aufgrund der Dauer und Häufigkeit der Verstöße erheblich in ihrem Recht, die Gehwege beim Verlassen und Wiederaufsuchen ihrer Wohnhäuser zu nutzen, beeinträchtigt.

Autofahrer können sich nicht auf “Gewohnheitsrecht“ berufen

Die Straßenverkehrsbehörde könne sie auch nicht darauf verweisen, sich an die Ordnungsbehörden wenden zu können, da diese in den betroffenen Wohnstraßen in der Regel nicht einschritten und die Kläger damit faktisch rechtsschutzlos gestellt seien. Auch die von einem Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde betroffenen Autofahrer könnten sich nicht auf ein “Gewohnheitsrecht“, verkehrsordnungswidrig aufgesetzt zu parken, berufen.

VG Bremen, Urteil vom 22.02.2022 - 5 K 1968/19

Redaktion beck-aktuell, 22. Februar 2022.