Müllabrechnung ohne Menschlichkeit: Gebührenbescheid war widerrechtlich automatisiert

Ein Bremer klagte gegen seinen Abfallgebührenbescheid, weil er entgegen der DS-GVO ohne menschliches Zutun erstellt worden sei. Das VG Bremen gab ihm der Sache nach Recht, im Ergebnis half ihm das aber nicht.

Da er rein automatisiert erstellt wurde, verstieß ein Abfallgebührenbescheid der Stadt Bremen gegen Art. 22 Abs. 1 DS-GVO, wie das VG Bremen nun entschied. Da sich aber im Widerspruchsverfahren eine Sachbearbeiterin mit dem Bescheid befasst habe, sei dieser Mangel nachträglich geheilt worden. Er wurde damit wirksam, die Gebühren des Widerspruchsverfahrens musste der Betroffene immerhin nicht tragen (Urteil vom 14.07.2025 – 2 K 763/23).

Wegen seiner Abfallabrechnung in Höhe von 176,82 Euro zog ein Bremer im April 2025 vor Gericht. Er machte geltend, die Stadt habe seine Daten widerrechtlich vollautomatisch verarbeitet, und damit gegen Europarecht – genauer gegen Art. 22 DS-GVO ("Automatisierte Entscheidungen im Einzelfall[…]") verstoßen. Seinen Widerspruch hatte die Stadt zunächst zurückgewiesen: Es liege schon keine "Entscheidung" im Sinne des Art. 22 DS-GVO vor, da anhand der festen Gebührenordnung lediglich programmgestützte Berechnungen vorgenommen würden. Schließlich hatte das VG Bremen zu entscheiden.

Verstoß gegen die DS-GVO

Dem Grunde nach stimmte das Gericht den Ausführungen des Betroffenen zu. Der Einzelrichter sah in dem Bescheid - entgegen der Stadt - durchaus eine "automatische Entscheidung" im Sinne der DS-GVO. Art. 22 DSGVO solle "die betroffene Person vor sie beschwerenden Entscheidungen schützen, die ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhen." Eine solche liege vor, sobald maschinell verarbeitete Daten computergestützt zu einem Ergebnis führten, das nicht einem Menschen zuzurechnen sei. Es messe sich also daran, ob die "Entscheidung" letztlich von einem Menschen getroffen werde.

Dass die Daten zuvor manuell von Mitarbeitenden aufgenommen wurden, sei dafür irrelevant. Auch habe die Stadt hier ohne Erfolg entgegengehalten, die Erstellung der Bescheide sei immerhin durch menschliches Zutun initialisiert worden. Ebenso wenig überzeugte das Gericht das Argument, dass die Bescheide stichprobenartig von Menschen überprüft würden. Es sei "stochastisch nahezu ausgeschlossen", dass der Bescheid des Klägers dabei gewesen sei.

Gerade menschlich genug

Damit sei der Bescheid zumindest anfänglich rechtswidrig gewesen – die Kammer verwarf ihn im Ergebnis trotzdem nicht. Sie stellte entscheidend darauf ab, dass zwar nicht der Ausgangs-, sehr wohl aber der Widerspruchsbescheid von einem Menschen gefertigt worden sei. Da das Ausgangs- und Widerspruchsverfahren im verwaltungsrechtlichen Sinne eine Einheit bilden würden (Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids), sei damit letztlich auch eine "Entscheidung" über den Ursprungsbescheid getroffen worden, die eben nicht automatisiert sei.

Der formelle Mangel des Bescheids sei somit geheilt worden – eine Ansicht, die im Übrigen auch nicht gegen Unionsrecht verstoße. Der Widerspruch diene als Rechtsbehelf gerade dazu, eine menschliche Entscheidung herbeizuführen. Darüber hinaus könne (und müsse) er gerichtlich dann keine Rechtsverletzung mehr geltend machen – es stünde ihm aber weiterhin offen, eine Beschwerde an die Aufsichtsbehörde zu richten (Art. 77 DS-GVO).

"Für die weitere Verwaltungspraxis" wies die Kammer darauf hin, dass die Verwaltungsverfahrensgesetze im Grundsatz längst automatisch generierte Abfallbescheide ermöglichen würden (§ 35 VwVfG bzw. § 1 BremVwVfG). Voraussetzung sei aber eine weitere Ermächtigung, die es bisher in Bremen noch nicht gebe.

Widerspruch war kostenfrei

Der Kläger trug die Gerichtskosten hier zu zwei Dritteln, die Kammer ersparte ihm jedoch immerhin die Kosten des Widerspruchsbescheids. Gem. § 8 Abs. 3 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes werde für einen Widerspruchsbescheid keine Gebühr erhoben, wenn der Widerspruch lediglich wegen eines behobenen Verfahrens- oder Formfehlers abgewiesen worden sei.

Die Nachholung der menschlichen Beteiligung im Widerspruchsverfahren entspreche diesem Fall, so dass das Gericht die Vorschrift hier analog anwandte und die Gebühr aufhob. 

VG Bremen, Urteil vom 14.07.2025 - 2 K 763/23

Redaktion beck-aktuell, tbh, 22. August 2025.

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