Tätigkeitsverbot für Luftfracht-Kontrolleurin

Schon bei einem einmaligen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß darf das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) Luftfracht-Kontrolleuren verbieten, weiter in ihrem Beruf zu arbeiten. Dies entschied das Verwaltungsgericht Braunschweig mit einem am Montag veröffentlichten Beschluss. Die Kammer lehnte den gegen das Tätigkeitsverbot gerichteten Eilantrag einer Kontrolleurin ab, die eine Frachtsendung als sicher eingestuft hatte, ohne sie vorher überprüft zu haben.

Große schwarze Flächen auf Röntgenschirm

Die 29-Jährige war als zertifizierte Kontrollkraft in Düsseldorf bei einem Unternehmen beschäftigt, das behördlich als "reglementierter Beauftragter" die Sicherheit von Luftfracht-Sendungen kontrollieren darf, bevor diese auf ein Flugzeug verladen werden. Im Februar 2022 fiel dem LBA bei einer Sicherheitsüberprüfung eine Sendung auf, die aus acht Kisten mit Zahnrädern aus Stahl bestand, ein Gesamtgewicht von fast 10 Tonnen hatte und für einen Flug von Düsseldorf nach Tianjin in China vorgesehen war. Die Kontrollkraft hatte die Sendung im Air Waybill (Luftfrachtbrief) als "sicher" für Flugzeuge eingestuft, ohne diese selbst kontrolliert zu haben. Eine andere Kontrollkraft hatte die Kisten per Röntgengerät geprüft und keine Beanstandung erhoben, obwohl auf dem Röntgenschirm große schwarze Flächen zu erkennen waren. Die Antragstellerin machte geltend, sie habe den Luftfrachtbrief versehentlich gestempelt und unterschrieben. Das LBA untersagte ihr dennoch die Tätigkeit als Kontrollkraft, weil ihr Verhalten den Luftverkehr gefährde. Der Arbeitgeber kündigte der Antragstellerin daraufhin. Auch der anderen Kontrollkraft untersagte das LBA die Tätigkeit; ein Verfahren vor der Kammer gibt es dazu bislang nicht.

Besonders strenge Anforderungen an Sicherheitskontrollen

Das VG lehnte den Eilantrag jetzt ab. Kontrollkräfte für Fracht und Post hätten eine besonders wichtige Funktion in der "sicheren Lieferkette", die die europarechtlichen Regeln zur Luftsicherheit vorsehen. Wie das Gericht betonte, sollen diese Regeln eine lückenlose Sicherheitskontrolle von Fracht und Post bis zur Verladung in das Flugzeug gewährleisten, um auszuschließen, dass sich in der Ladung Sprengsätze oder andere verbotene Gegenstände befinden, die für einen Terrorakt verwendet werden können. An Sicherheitskontrollen seien daher besonders strenge Anforderungen zu stellen. Diese habe die Antragstellerin verletzt. Sie habe den Sicherheitsstatus ohne eigene Kontrolle, also "blind" vergeben. Darin liege ein schwerwiegender Sorgfaltsverstoß, der grundlegende Zweifel an der Verlässlichkeit der Kontrollkraft begründe. Dass sich dieses Verhalten wiederhole, sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Der einmalige schwere Sorgfaltsverstoß genüge für das Tätigkeitsverbot.

Schaden muss nicht eingetreten sein

Es sei auch nicht erforderlich, dass bereits ein Schaden eingetreten sei, so das VG weiter. Im Rahmen der Sicherheitskontrollen von Fracht- und Postsendungen, die in ein Flugzeug verladen werden sollen, müssten versehentliche Fehler wegen der drohenden schweren Folgen für eine Vielzahl von Menschen jederzeit ausgeschlossen sein. Die Tätigkeitsuntersagung sei auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und verletze daher nicht das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit. Aus ihrem Fehlverhalten ergebe sich gegenwärtig die konkrete Gefahr, dass bei ihrer Weiterbeschäftigung als Kontrollkraft verbotene Gegenstände an Bord eines Flugzeugs gelangen und so gravierende Schäden insbesondere für Leib und Leben von Fluggästen, Crew und Flughafenpersonal entstehen. Ein sofortiges Einschreiten sei daher zwingend geboten gewesen. Die Tätigkeitsuntersagung habe auch nicht befristet werden müssen. Wenn sich irgendwann Änderungen ergäben, die eine andere Gefahrenprognose rechtfertigen könnten, könne die Antragstellerin einen Antrag beim LBA auf Aufhebung des Tätigkeitsverbots stellen. Das LBA habe dann zu prüfen, ob die konkrete Gefahr noch bestehe.

VG Braunschweig, Beschluss vom 02.06.2022 - 2 B 51/22

Redaktion beck-aktuell, 14. Juni 2022.