Eilanträge gegen Verkürzung des Genesenenstatus
Verschiedene ungeimpfte Antragsteller aus Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt wandten sich in Eilverfahren gegen die Verkürzung des Genesenenstatus, der Erleichterungen und Ausnahmen von Corona-Beschränkungen bringt. Sie hatten sich jeweils im Oktober bzw. November 2021 mit dem Coronavirus infiziert und einen sechs Monate gültigen Genesenennachweis erhalten - wie nach der damals gültigen Fassung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) vom 08.05.2021 vorgesehen. Mit Verordnung vom 14.01.2022 ist die SchAusnahmV geändert worden. Gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV sind für den Genesenenstatus die im Internet veröffentlichten Vorgaben des Robert Koch-Instituts maßgeblich. Am 15.11.2022 verkürzte das Robert Koch-Institut die Gültigkeitsdauer auf höchstens 90 Tage. Die Antragsteller wollten erreichen, dass sie weiterhin für sechs Monate als genesen gelten. Die Berliner Antragsteller wandten sich auch gegen die Verkürzung des Genesenenstatus im Bereich der Coronavirus-Einreiseverordnung, die in § 2 Nr. 8 ebenfalls eine Verweisung auf das Robert Koch-Institut enthält. Sie treffe nun eine zehntätige Quarantänepflicht nach der Rückkehr von ihrem Kurzaufenthalt in Dänemark, einem Hochrisikogebiet, von der sie vor der Neuregelung noch ausgenommen gewesen wären.
VG Berlin: Verweisung auf Robert Koch-Institut rechtswidrig
Der Eilantrag vor dem VG Berlin hatte Erfolg. Nach summarischer Prüfung sei die Verweisung auf das Robert Koch-Institut in der SchAusnahmV rechtswidrig. Über die Geltungsdauer des Genesenenstatus habe nach den Verordnungsermächtigungen im Infektionsschutzgesetz die Bundesregierung selbst zu entscheiden. Indem diese die Entscheidung in beiden Verordnungen auf das Robert Koch-Institut als Bundesoberbehörde übertragen habe, überschritten diese Regelungen die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung. Schon deshalb bedürfe es hier keiner Entscheidung, ob die zeitliche Verkürzung von sechs auf drei Monate auf ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe bzw. hinreichend begründet worden sei. Damit betrage die Geltungsdauer des Genesenenstatus für die Antragsteller bis auf Weiteres sechs Monate, so das VG.
VG Halle: Genesenennachweis ist statusbegründender Verwaltungsakt
Auch der Eilantrag vor dem VG Halle hatte Erfolg. Laut VG sind Genesenennachweise, die von der Antragsgegnerin vor dem 15.01.2022 mit sechsmonatiger Gültigkeitsdauer erteilt worden seien, nach wie vor gültig. Der Genesenennachweis stelle einen statusbegründenden Verwaltungsakt dar, der weder widerrufen noch aufgrund der neuen Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung unwirksam geworden sei. Ferner sei § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verfassungswidrig und damit nichtig. Die darin geregelte Verweisung auf das Robert Koch-Institut sei bereits mit dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob derartige Aspekte mit erheblicher Grundrechtsrelevanz nicht ohnehin dem Parlamentsvorbehalt unterliegen.
VG Gelsenkirchen: Keine schweren und unzumutbaren Nachteile
Der Eilantrag vor dem VG Gelsenkirchen scheiterte. Zwar sei die Verweisung auf das Robert Koch-Institut verfassungsrechtlich zweifelhaft, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Beschluss vom 10.02.2022 dargelegt habe. Die Prüfung dieser Frage könne aber nicht im Eilverfahren erfolgen. Im Übrigen fehle es auch an schweren, unzumutbaren Nachteilen für die Antragstellerin. Die Änderung der SchAusnahmV vom 14.01.2022 wirke sich auf Einschränkungen auf Basis der landesrechtlichen Coronaverordnung nicht aus. Denn diese verweise in § 2 Abs. 8 auf die Fassung der SchAusnahmV vom 08.05.2021. Dies habe zur Folge, dass für den Anwendungsbereich der nordrhein-westfälischen Coronaverordnung ein Genesenennachweis weiterhin sechs Monate lang gültig sei.