Begrenzung der Kundenzahl auf eine Person pro 40 qm unverhältnismäßig

Die in der Corona-Verordnung des Landes Berlin vorgesehene Begrenzung der Kundenanzahl in Geschäften auf eine Person pro 40 qm Verkaufsfläche ist unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht Berlin hat am 01.04.2021 mehreren Eilanträgen von Einzelhändlern insoweit teilweise stattgegeben. Nicht zu beanstanden sind nach Ansicht des VG dagegen voraussichtlich die Testpflicht für Kunden und das Erfordernis der elektronischen Kontaktnachverfolgung.

Inhaber nicht-privilegierter Geschäfte sehen sich in Rechten verletzt

Die Zweite SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin schreibt in § 15 Abs. 1 vor, dass Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes nur von Kunden aufgesucht werden dürfen, die im Sinne von § 6b der Verordnung negativ getestet sind (Satz 1). Für die Öffnung gilt außerdem ein Richtwert von insgesamt höchstens einem Kunden pro 40 qm Verkaufsfläche; darüber hinaus ist eine elektronische Kontaktnachverfolgung sicherzustellen (Satz 2). Für den sogenannten privilegierten Einzelhandel (zum Beispiel Lebensmitteleinzelhandel) gelten diese Vorgaben nicht (Satz 3). Gegen diese Öffnungsbeschränkungen wandten sich mehrere Inhaber von (zum Teil auch größeren) nicht-privilegierten Geschäften per Eilantrag, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sehen.

VG Berlin: Verkaufsflächenbezogene Kundenbegrenzung ist unverhältnismäßig

Das VG Berlin hat die Eilanträge hinsichtlich der Testpflicht für Kunden und des Gebots der elektronischen Kontaktnachverfolgung zurückgewiesen. Diese Beschränkungen seien voraussichtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des 40-qm-Richtwerts hat das Gericht den Eilanträgen jedoch stattgegeben. Insoweit sei ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zwar verfolgten sämtliche Beschränkungen einen legitimen Zweck, seien hierfür als geeignet und auch als erforderlich anzusehen. Allerdings erweise sich die verkaufsflächenbezogene Kundenbegrenzung als unangemessen und damit als unverhältnismäßig im engeren Sinne.

Negativ-Test und elektronische Kontaktnachverfolgung ausreichend

Da in Geschäften FFP2-Masken getragen werden müssten, ein Geschäft des nicht-privilegierten Einzelhandels nur mit tagesaktuellem negativem Antigentest betreten werden dürfe und eine elektronische Kontaktnachverfolgung sichergestellt sein müsse, bringe der Richtwert kein signifikantes Mehr an Infektionsschutz, das noch in einem angemessenen Verhältnis zu den dadurch erwartbar verursachten weiteren Umsatzeinbußen stehe. Daher erscheine es unangemessen, die gegenüber dem privilegierten Einzelhandel geltende Kundenbegrenzung beim nicht-privilegierten Einzelhandel noch weiter zu verschärfen.

Erforderliche Begründung des Verordnungsgebers fehlt

Zudem sei die in Rede stehende Beschränkung zwischen Bund und Ländern nicht für die Öffnung des Einzelhandels mit obligatorischen Antigentests vereinbart worden, sondern habe sich auf eine Öffnung für Terminshopping-Angebote ohne Antigentests bezogen. Deshalb bedürfe es zumindest einer Begründung des Verordnungsgebers dafür, warum diese Beschränkung trotz der nunmehr bestehenden Testpflicht aufrechterhalten bleibe. Daran fehle es jedoch. Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

VG Berlin, Beschluss vom 01.04.2021 - 14 L 91/21

Redaktion beck-aktuell, 7. April 2021.