Reisende müssen Kosten einer Corona-Rückholaktion mittragen
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© Ralf Hirschberger / dpa

Die von der weltweiten Corona-Rückholaktion des Auswärtigen Amtes kurz nach Ausbruch der Pandemie Betroffenen dürfen an den Kosten grundsätzlich beteiligt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am Freitag in zwei Klageverfahren entschieden. Die Kammer hat allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung jeweils die Berufung zugelassen. Insgesamt sind mittlerweile circa 150 Klagen gegen entsprechende Leistungsbescheide beim VG Berlin anhängig.

Ausgangssperren, Grenz- und Flughafenschließungen

Im Zusammenhang mit der weltweiten Verbreitung von Covid-19 kam es seit Mitte März 2020 im Ausland zu hoheitlich verhängten Ausgangssperren, Grenz- und Flughafenschließungen sowie zu einer weitgehenden Einstellung des kommerziellen Passagierflugverkehrs. Im Rahmen der Rückholaktion der Bundesregierung organisierte das Auswärtige Amt Repatriierungsflüge für im Ausland befindliche, deutsche Staatsangehörige in das Bundesgebiet. Seit dem 18.03.2020 wurden etwa 67.000 Personen jeweils auf freiwilliger Basis und auf der Grundlage ausdrücklicher Einverständniserklärungen mit 270 Flügen in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeholt, wofür der Bund circa 95 Millionen Euro verauslagte. Die Bundesrepublik Deutschland verlangt von den Zurückgeholten jeweils pauschalierten Auslagenersatz, den sie mit entsprechenden Leistungsbescheiden geltend macht.

VG bestätigt Anspruch

Die Klägerinnen und Kläger wenden unter anderem ein, die herangezogene Rechtsgrundlage sei nicht anwendbar. Durch den Corona-Lockdown seien ihnen erhebliche Kosten entstanden, die sie bisher nicht ersetzt bekommen hätten, so dass die zusätzlichen Erstattungsforderungen der Beklagten für sie zumindest in voller Höhe nicht tragbar seien. Auch seien die Auslagenpauschalen unangemessen, da sie weitaus günstigere Rückflüge gebucht hätten. Über zwei der Klagen hat das VG heute mündlich verhandelt. Sie blieben ohne Erfolg. Die auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Konsulargesetz erlassenen Bescheide seien zu Recht ergangen, weil es sich bei der Corona-Pandemie um einen Katastrophenfall im Sinn der Norm handele. Die weltweite Betroffenheit einschließlich Deutschlands schließe die Anwendbarkeit der Vorschrift nicht aus. Die von der Beklagten organisierte Rückholung mittels gecharterter Flugzeuge sei zur Hilfeleistung für die im Ausland festsitzenden deutschen Staatsangehörigen erforderlich gewesen.

Pauschalierung der Auslagen rechtens

Auch die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorgenommene Pauschalierung der Auslagen begegne keinen rechtlichen Bedenken, da die festgesetzten Pauschalen pro Flug von 1.000 Euro aus Neuseeland beziehungsweise 600 Euro aus Mexiko jedenfalls unter den der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich entstandenen Kosten gelegen hätten. Zur Einholung von Vergleichsangeboten für die Charterkosten sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Die erwartete Ko-Finanzierung der Rückholaktion durch den EU-Zivilschutzmechanismus in Höhe von 35% schließe die Rückforderung nicht aus. Für einen Verzicht auf die Kostenerstattung sei kein Raum gewesen. Besondere Umstände für eine Ermessensentscheidung der Beklagten hätten nicht vorgelegen. Daher habe es ihr auch freigestanden, die Erstattungsbescheide mit Hilfe automatischer Einrichtungen zu erlassen und von einer Anhörung abzusehen.

VG Berlin, Urteil vom 17.12.2021 - 34 K 33.21

Redaktion beck-aktuell, 17. Dezember 2021.