Referendar darf trotz Corona Auslandsstation am IStGH ableisten

Das Verwaltungsgericht Berlin hat dem Eilantrag eines Referendars stattgegeben, dem der Präsident des Kammergerichts wegen der Corona-Pandemie eine Auslandsstation am Internationalen Strafgerichtshof verwehrt hatte. Selbst wenn bei der Entscheidung ein Ermessen bestünde, sei die Berücksichtigung von Coronaschutzaspekten nicht vom Zweck der Rechtsgrundlage erfasst. Zudem sei die Nichtzuweisung unverhältnismäßig.

KG-Präsident verwehrte Referendar wegen Corona Auslandsstation am IStGH

Der Antragsteller ist Referendar im Bezirk des Berliner Kammergerichts. Nach dem Berliner Juristenausbildungsgesetz kann die Ausbildung bis zu drei Monate bei einer Ausbildungsstelle im In- oder Ausland stattfinden, bei der eine sachgerechte rechtsberatende Ausbildung gewährleistet ist. Der Präsident des Kammergerichts verweigerte die Zuweisung des Antragstellers an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) mit der Begründung, wegen des Infektionsgeschehens in den Niederlanden sei der dortige Aufenthalt mit Gesundheitsrisiken für ihn verbunden. Auch werde die sachgerechte Ausbildung des Antragstellers sowie seiner Mitreferendarinnen und -referendare durch die Zuweisung gefährdet. Denn aus Gleichbehandlungsgründen müsse anderenfalls allen die Ableistung einer Station im Ausland ermöglicht werden, was auch insgesamt die Infektionsgefahr erhöhe und zu Ausfällen bei der Ausbildung führen könne. Überhaupt sei die Ausbildungsbehörde aus Fürsorgepflichtgründen verpflichtet, Referendare vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Dagegen begehrte der Referendar Eilrechtsschutz.

VG: Bereits gebundener Zuweisungsanspruch

Der Eilantrag hatte Erfolg. Das VG hat die Behörde verpflichtet, den Antragsteller an den IStGH zuzuweisen. Bei diesem Gericht handle es sich um eine geeignete Ausbildungsstelle, an der eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet sei. Hieraus ergebe sich bereits ein gebundener Anspruch auf Zuweisung.

Coronaschutz auch nicht vom Zweck der Rechtsgrundlage erfasst

Selbst wenn dem Antragsgegner aber ein Ermessen bei der Zuweisungsentscheidung zukommen sollte, stellten sich die Erwägungen als ermessensfehlerhaft dar, erläutert das VG weiter. Der Schutz von Referendarinnen und Referendaren vor einer Infektion mit dem Coronavirus sei nicht vom Zweck der Rechtsgrundlage erfasst. Zweck der Rechtsgrundlage sei die Regelung des Ablaufs des juristischen Vorbereitungsdienstes zur Sicherstellung einer sachgerechten Ausbildung. Es sei nicht ersichtlich, dass diese durch eine Infektion oder etwaige Quarantänemaßnahmen gefährdet sei.

Nichtzuweisung zudem unverhältnismäßig

Die Erwägungen stellten sich ungeachtet dessen aber auch als unverhältnismäßig dar, weil die Nichtzuweisung des Antragstellers an den IStGH nicht geeignet sei, die Infektionsgefahr für diesen zu verringern. Denn das Ansteckungsrisiko sei, auch wenn die aktuellen Inzidenzzahlen in den Niederlanden deutlich über denjenigen in Deutschland lägen, durch die spezifische Ausgestaltung der Stationsausbildung in Heimarbeit minimiert. Schließlich könne der Antragsgegner sich nicht auf Fürsorgegesichtspunkte berufen, da die Zuweisung dem ausdrücklichen Wunsch des Referendars entspreche.

VG Berlin, Beschluss vom 21.04.2021 - 7 L 106/21

Redaktion beck-aktuell, 29. April 2021.