Präventives Klebeverbot für Klimaschützer muss hinreichend bestimmt sein

Eine Klima-Aktivistin ist erfolgreich gegen ein präventives Klebeverbot, das die Berliner Polizei gegen sie verhängt hatte, vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Berlin rügte das Verbot als zu unbestimmt, da sich aus dem Bescheid nicht ergebe, für welchen Bereich die Untersagung gelten solle. Zur Rechtmäßigkeit des Bescheides im Übrigen machte es in dem Eilverfahren keine Ausführungen.

Sofortige Vollziehungsanordnung und Zwangsgeldandrohung

Anfang Dezember 2022 untersagte die Polizei Berlin der Antragstellerin, sich bis zum 01.06.2023 bei Versammlungen unter freiem Himmel im Stadtgebiet Berlins auf den Fahrbahnen und Sonderwegen zwischen den Bordsteinen der Straßen des übergeordneten Straßennetzes festzukleben, einzubetonieren oder in ähnlicher Weise dauerhaft mit der Fahrbahn zu verbinden sowie sich dort an andere Personen oder Gegenstände festzukleben, anzuketten oder in ähnlicher Weise dauerhaft zu verbinden. Diese Verpflichtung stützte die Behörde zum einen auf das Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz, zum anderen auf Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und ordnete jeweils die sofortige Vollziehung an. Für den Fall, dass die Antragstellerin den Untersagungen nicht Folge leiste, drohte die Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro an.

Verbot sollte Gefährdung der Allgemeinheit vorbeugen

Zur Begründung führte die Polizei an, die Gruppierung "Letzte Generation" habe seit Anfang des Jahres 2022 immer wieder Blockadeaktionen an verkehrswichtigen Kreuzungen und Autobahnzu- und -abfahrten veranstaltet. Die Antragstellerin sei als Teilnehmerin bei zahlreichen dieser Aktionen polizeilich festgestellt worden. Deshalb seien eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet worden. Ein derartiges Verhalten stelle einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit dar. Hierdurch werde die Allgemeinheit gefährdet, insbesondere wenn bei nicht angekündigten Maßnahmen Rettungstransporte infolge der Blockaden behindert würden.

Verbot zu unbestimmt – Geltungsbereich nicht erkennbar

Die Antragstellerin begehrte Eilrechtsschutz und bekam Recht. Der Bescheid sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, so das VG Berlin. Denn die Adressatin könne ihm nicht hinreichend sicher entnehmen, was von ihr verlangt werde. Die Verfügung nehme hinsichtlich des Bereichs, für den die Untersagung gelten solle, Bezug auf "die Straßen des übergeordneten Straßennetzes (Bestand 2021, als Anlage zum Bescheid beigefügt)", ohne dass aus der sehr stark verkleinerten Anlage zu entnehmen sei, welche Straßen im Einzelnen hiervon erfasst werden sollten. Soweit der Antragsgegner ergänzend auf einen Link zur Online-Seite der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz verweise, finde sich dort keine solche Karte. Stattdessen sei dort nur die Karte "Übergeordnetes Straßennetz, Bestand 2023" hinterlegt. Außerdem wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, dem Bescheid eine vergrößerte und lesbare Version dieser Karte (Bestand 2021) als Papierausdruck beizufügen, um so dessen hinreichende Bestimmtheit sicherzustellen. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

VG Berlin, Beschluss vom 14.04.2023 - 1 L 40/23

Redaktion beck-aktuell, 17. April 2023.