VG Berlin: Online-Portal muss Wohnungsinhaber auch bei Vermittlung von Wohnungen "schwuler oder schwulenfreundlicher" Gastgeber benennen

Auch ein Internetportal, das Unterkünfte von "schwulen oder schwulenfreundlichen" Gastgebern vermittelt, muss den Wohnungsinhaber benennen, wenn der begründete Verdacht einer Zweckentfremdung von Wohnraum besteht. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 27.03.2017 ein entsprechendes auf das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz gestütztes Auskunftsverlangen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg in einem Eilverfahren als rechtmäßig bestätigt. Die Befürchtungen des Portalbetreibers, die Bekanntgabe der Daten könne schutzwürdige Belange der Nutzer verletzen, teilte das Gericht nicht (Az.: VG 6 L 250.17).

Genaue Anschrift nicht erkennbar

Der Antragsteller betreibt als Geschäftsführer ein Internetportal, auf dem private Unterkünfte von schwulen oder schwulenfreundlichen Gastgebern für kurze Zeiträume vermittelt werden. Die Anfangsseite des Internetportals öffnet mit dem Spruch "Deine Möglichkeit 100%ig gay zu reisen! #1 Reise-Community für Schwule, Lesben & Freunde“. Die Wohnungen werden auf einer Übersichtskarte des Stadtgebietes dargestellt, wobei weder der Wohnungsinhaber noch die genaue Anschrift erkennbar ist.

Bezirksamt vermutet zweckfremde Nutzung

Das Bezirksamt forderte den Antragsteller zu acht der von über hundert für den Berliner Raum angebotenen Objekte auf, Auskunft über die Wohnungsanschrift, Namen und Anschrift des Wohnungsinhabers und die seit Mai 2016 geschlossenen Mietverträge zu erteilen und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides mit der Begründung an, es bestehe der Verdacht der zweckfremden Nutzung dieser Wohnungen. Der Antragsteller, der hiergegen vorläufigen Rechtsschutz beantragt hat, hält die Datenerhebung für nicht zulässig. Es handele sich um besonders sensible personenbezogene Daten, zu deren Herausgabe er weder berechtigt noch verpflichtet sei. Da die Daten generell schwule und lesbische Nutzer und Nutzerinnen beträfen, lasse sich deren sexuelle Orientierung eindeutig feststellen, sodass Missbrauch zu befürchten sei.

VG: Keine schutzwürdigen Belange ersichtlich

Das VG hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jetzt zurückgewiesen. Das Auskunftsverlangen erweise sich nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Für die acht Wohnungen bestehe der begründete Verdacht einer Zweckentfremdung von Wohnraum. Da die Wohnungen auf dem Internetportal zur tage- oder wochenweise Anmietung zur Alleinnutzung angeboten würden, handele es sich um zweckentfremdungsrechtlich relevante Buchungsvorgänge. Schutzwürdige Belange der betroffenen Wohnungsinhaber stünden der Datenerhebung nicht entgegen.

Keine Datenerhebung über Sexualleben

Mit dem Auskunftsverlangen würden keine Daten über das Sexualleben der Wohnungsinhaber erhoben. Diese ergäben sich auch nicht mittelbar aus dem Gesamtzusammenhang. Denn die Angabe, dass eine Person eine Unterkunft über das Internetportal vermietet, lasse keinen zwingenden Schluss auf ihre Homosexualität zu. Auf dem Internetportal werde eine bestimmte Sexualität des Vermieters nicht grundsätzlich vorausgesetzt, vielmehr würden die Vermieter dort auch als "schwulenfreundlich" beziehungsweise "Freunde" bezeichnet. Schließlich bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Auskunftsverlangens, da die aktuelle Mangellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt besonders ausgeprägt und es dem Bezirksamt erst mit den begehrten Auskünften möglich sei, die Wohnungsinhaber anzuhören, den Sachverhalt zügig aufzuklären und den möglicherweise rechtswidrigen Zustand umgehend zu beenden.

VG Berlin, Beschluss vom 27.03.2017 - 6 L 250.17

Redaktion beck-aktuell, 31. März 2017.