Zuständigkeiten nach der Dublin-III-Verordnung und mögliche Abweichungen
Nach den Regeln der sogenannten Dublin-III-Verordnung ist für innerhalb der EU gestellte Asylanträge grundsätzlich der Mitgliedstaat zuständig, den der Flüchtling als erstes betritt beziehungsweise in dem er zuerst um Schutz nachsucht. Flüchtlinge, die sodann in einem anderen EU-Mitgliedstaat Asyl beantragen, werden daher in der Regel an diesen ersten zuständigen Staat verwiesen und können dorthin überstellt werden. Ausnahmsweise muss der zweite Mitgliedstaat das Asylverfahren selbst durchführen, etwa wenn das Asylverfahren im ersten Mitgliedstaat an sogenannten systemischen Mängeln leidet. Anfang 2015 hatte das VG Berlin in verschiedenen Eilverfahren systemische Mängel für Ungarn bejaht. In den jetzigen Entscheidungen kam die Kehrtwende.
VG: Dublin-Rückkehrer müssen keine Abschiebung von Ungarn nach Serbien mehr befürchten
Die zwischenzeitliche Entwicklung der Verhältnisse in Ungarn rechtfertige die Annahme systemischer Mängel nicht mehr, so das VG. Die Befürchtung, Dublin-Rückkehrer aus der Bundesrepublik Deutschland könnten von Ungarn direkt nach Serbien abgeschoben werden, wo ihnen der Zugang zu einem fairen Asylverfahren nicht offen stehe, sei unbegründet. Denn Serbien lehne als unmittelbare Reaktion auf die Schließung der sogenannten Balkan-Route entlang der ungarisch-serbischen Grenze die Wiederaufnahme von Flüchtlingen aus Ungarn weitestgehend ab.
Keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylbewerber in Ungarn mehr
Auch eine unmenschliche oder erniedrigende Verhängung von Asylhaft dergestalt, dass Asylbewerber ohne Angabe nachvollziehbarer Gründe zum Teil bis zu sechs Monate inhaftiert würden, sei nicht mehr zu beobachten, so das VG weiter. Auch für unzumutbare Haft- und Aufnahmebedingungen in Ungarn gebe es keine belastbaren Anhaltspunkte mehr.
Ungarns Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr ausgelastet – Asylhaft an EU-Vorgaben angepasst
Hauptgrund hierfür sei, dass Ungarn die nationalen Bestimmungen über die Asylhaft im August 2015 an die maßgeblichen Vorgaben der Europäischen Union angepasst habe und die ungarische Justiz gegen Haftentscheidungen im Übrigen effektiven Rechtsschutz gewähre. Hinzu komme, so das VG, dass die Zahl der Asylbewerber in Ungarn infolge der ergriffenen Maßnahmen und der Weiterreise vieler Flüchtlinge in andere europäische Länder seit 2016 erheblich zurückgegangen sei. Dementsprechend seien die ungarischen Aufnahmeeinrichtungen nicht ausgelastet.
VG: Rücküberstellungen aus Deutschland nach Ungarn möglich
Die Rücküberstellung von Flüchtlingen aus Deutschland sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil Ungarn seinen Verpflichtungen aus der Dublin-III-Verordnung nicht mehr nachkomme. Tatsächlich seien weiterhin Rücküberstellungen aus der Bundesrepublik Deutschland nach Ungarn möglich, so das Gericht abschließend.