"Junge Welt" darf vorerst weiter in Verfassungsschutzberichten erwähnt werden

Die Tageszeitung "junge Welt" muss vorerst nicht aus den Verfassungsschutzberichten des Bundesministeriums des Innern und Heimat (BMI) gestrichen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden. Es lägen hinreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. So propagiere die linke Zeitung ein Einheitsparteiensystem und biete ein Forum für Linksextremisten.

Eilantrag gegen Nennung im Verfassungsschutzbericht

In den vom Bundesinnenministerium herausgegebenen Verfassungsschutzberichten für die Jahre 1998, 1999, 2002 und 2004 bis 2020 wird die "junge Welt" als kommunistisch ausgerichtete Tageszeitung aufgeführt. Mit einem Eilantrag begehrte die Antragstellerin, die das Blatt herausgebende GmbH, die Behörde zu verpflichten, die jeweilige Erwähnung bis zur Entscheidung über eine entsprechende Klage einstweilen zu unterlassen.

VG: Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen

Das VG hat den Eilantrag zurückgewiesen. Der Antragstellerin sei zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Wegen der Berichte vor 2014 sei die Sache schon nicht eilbedürftig. Die Antragstellerin habe über viele Jahre die Praxis des Bundesinnenministeriums hingenommen, weshalb aus der Erwähnung vor diesem Zeitpunkt heute keine unzumutbaren Nachteile mehr folgten. Im Übrigen besteht laut VG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht. Die Berichterstattung sei vom Bundesverfassungsschutzgesetz abgedeckt. Danach dürfe das Bundesinnenministerium die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung informieren, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Das sei hier der Fall.

Zeitung propagiert Einheitsparteiensystem und bietet Forum für Linksextremisten

Bei der "jungen Welt" handele es sich um eine Tageszeitung, die die Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischem Verständnis anstrebe. Hierfür propagiere sie eine Gesellschaftsordnung mit einem Einheitsparteiensystem. Sie agiere darüber hinaus nicht nur als Tageszeitung, sondern trete außerdem durch Abhaltung der jährlichen Rosa-Luxemburg-Konferenz an die Öffentlichkeit. Einzelne Stamm- und Gastautoren sowie Redakteure der Zeitung seien klar dem linksextremen Spektrum zuzurechnen. Schließlich bekenne sich die "junge Welt" nicht ausdrücklich zur Gewaltfreiheit und biete Dritten, die Gewaltanwendung befürworten – unter anderem ehemaligen RAF-Mitgliedern oder Vertretern der Hamas – immer wieder eine Plattform. Die Erwähnung verstoße damit weder gegen die Meinungs- noch die Pressefreiheit.

VG Berlin, Beschluss vom 18.03.2022 - 1 L 436/21

Redaktion beck-aktuell, 21. März 2022.