Hauskauf eines Arztes von Patientin kein Verstoß gegen ärztliche Berufsordnung

Wer als Arzt ein Haus einer Patientin zu einem angemessenen Preis käuflich erwirbt, verstößt damit nicht gegen das berufsrechtliche Verbot unerlaubter Zuwendungen. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin als Berufsgericht einen Arzt von dem Vorwurf der Verletzung seiner Berufspflichten freigesprochen. Die Bewahrung der Integrität der Ärzteschaft verbiete nicht jegliche Geschäftsbeziehung mit Patienten.

Arzt erwarb Grundstück betagter Patientin

Der Arzt hatte im Februar 2018 ein Grundstück einer 1925 geborenen Patientin erworben, die bereits seit 16 Jahren bei ihm in Behandlung war. 2017 begab sie sich aus gesundheitlichen Gründen in ein Heim und beschloss, das – stark renovierungsbedürftige – Haus über einen Bevollmächtigten für 250.000 Euro zu verkaufen. Neben dem Arzt hatte sich ein Grundstücksnachbar interessiert gezeigt. Gleichwohl entschied sich die Patientin für ihren Arzt als Käufer und blieb dann dabei, als der Nachbar später ein höheres Angebot abgab. Die Ärztekammer Berlin leitete auf Beschwerde des Nachbarn ein berufsgerichtliches Verfahren ein, weil der Beschuldigte nur aufgrund seiner Vertrauensstellung zur Patientin überhaupt die Möglichkeit des Erwerbs erhalten habe. Er sei nur deshalb von der Patientin ausgewählt worden, obwohl sie von dem Nachbarn einen höheren Kaufpreis hätte erhalten können. Dies sei mit einer Geldbuße zu ahnden.

VG: Grundstückskauf zu angemessenem Preis keine berufsrechtlich relevante Vorteilsnahme

Das Verwaltungsgericht als Berufsgericht hat den Beschuldigten freigesprochen. Zwar sei es Ärztinnen und Ärzten nach der Berufsordnung nicht gestattet, im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung von Patientinnen und Patienten mehr als geringfügige Geschenke oder andere Vorteile für sich zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei aber schon kein berufsrechtlich relevanter Vorteil erkennbar, wenn ein Arzt einen Gegenstand von einer Patientin erwerbe und – wie hier – letztlich den von der Patientin geforderten Kaufpreis zahle.

Integrität der Ärzteschaft verbietet nicht jegliche Geschäftsbeziehung mit Patienten

Das Gebot des Nachbarn habe nicht dem marktüblichen Preis entsprochen, weil er ein besonderes Interesse am Erwerb des Grundstücks für seine Mutter gehabt habe. Der bloße Abschluss eines Geschäfts sei zur Tatbestandsverwirklichung nicht ausreichend. Die Beteiligten müssten den Vorteil jedenfalls vereinbaren, um den Arzt bei seiner ärztlichen Entscheidung zu beeinflussen. Der Schutz der Integrität der Ärzteschaft gehe nicht so weit, dass jegliche Geschäftsbeziehung bei Gelegenheit der ärztlichen Berufstätigkeit unterbleiben müsse.

VG Berlin, Urteil vom 11.04.2021 - 90 K 6.19

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2021.