Chinesisches Unternehmen darf deutschen Medizinproduktehersteller erwerben

Das Bundeswirtschaftsministerium durfte den Erwerb eines deutschen Medizinprodukteherstellers durch ein chinesisches Unternehmen nicht untersagen. Dies hat das VG Berlin entschieden. Das Ministerium habe das chinesische Unternehmen nicht ordnungsgemäß angehört und das Prüfverfahren zu spät eingeleitet.

Das chinesische Unternehmen hatte im Juli 2019 ein Unternehmen mit Sitz in Rheinland-Pfalz übernommen, das Beatmungsgeräte vertreibt. Im Oktober 2018 meldete das deutsche Unternehmen Insolvenz an. Danach schloss das chinesische Unternehmen mit dem Insolvenzverwalter den die Übernahme regelnden Sanierungsvertrag. Im April 2020 erfuhr Bundeswirtschaftsministerium erstmals vom Erwerb. Anfang Juli 2020 beantragte das chinesische Unternehmen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Eineinhalb Monate später eröffnete das Ministerium das Investitionsprüfverfahren auf der Grundlage der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und untersagte im April 2022 den Erwerb.

Hiergegen klagte das chinesische Unternehmen und bekam Recht. Das VG hat den Untersagungsbescheid aufgehoben (VG Berlin, Urteil vom 15.11.2023 - VG 4 K 253/22). Das Ministerium habe das chinesische Unternehmen nicht ordnungsgemäß angehört. Zwar habe eine Unterredung stattgefunden. Bis das Ministerium den Bescheid erlassen habe, sei aber noch etwa ein Jahr vergangen. In dessen Verlauf seien neue Tatsachen ermittelt worden, zu denen das chinesische Unternehmen nicht mehr angehört worden sei. Der Anhörungsfehler sei im Gerichtsverfahren auch nicht geheilt worden. Auch habe das Wirtschaftsministerium das Prüfverfahren zu spät eröffnet. Die Frist habe drei Monate ab der Kenntnis vom Erwerb betragen. Sie sei bereits Mitte Juli 2020 verstrichen und danach eine Untersagung gesperrt gewesen.

Fristablauf trotz Antrags auf Unbedenklichkeitsbescheinigung

Der innerhalb der Drei-Monats-Frist gestellte Antrag des chinesischen Unternehmens auf eine Unbedenklichkeitsbescheinigung habe am Fristlauf nichts geändert. Das Verhältnis der aufgrund einer Kenntnis des Ministeriums in Gang gesetzten Frist und derjenigen, die bei einem Antrag auf eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gelte, regele weder die AWV noch das Außenwirtschaftsgesetz. Laut VG stehen die beiden Fristen selbstständig nebeneinander.

Der Antrag auf die Unbedenklichkeitsbescheinigung führe nicht zu einem Verzicht auf die durch die vorangegangene Kenntnis des Ministeriums im Anwachsen befindliche Rechtsposition. Die (verspätete) Eröffnungsmitteilung könne auch nicht bestandskräftig werden. Sie sei eine nicht selbstständig angreifbare Verfahrenshandlung, deren Rechtmäßigkeit aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung erst mit der letzten Behördenentscheidung überprüft werden könne. Das VG stieg aufgrund dieser Sachlage gar nicht mehr in die Prüfung ein, ob die Untersagung zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich war.

VG Berlin, Urteil vom 15.11.2023 - 4 K 253/22

Redaktion beck-aktuell, bw, 16. November 2023.