VG Berlin droht Bundesregierung mit Zwangsgeld wegen unterlassener Rückholung mutmaßlicher IS-Anhängerin und ihrer Kinder

Holt die Bundesregierung eine Deutsche und zwei ihrer Kinder nicht bis zum 31.03.2020 aus Syrien zurück, kann ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro festgesetzt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Vollstreckungsverfahren entschieden (Beschluss vom 10.02.2020, Az.: VG 34 M 456.19, nicht rechtskräftig).

VG verpflichtete Regierung bereits zu Rückholung

Bei den Antragstellern handelt es sich um eine mutmaßliche IS-Anhängerin (Antragstellerin zu 1.) und zwei ihrer Kinder (Antragsteller zu 2. und 3.). Sie halten sich gegenwärtig im Al-Hol-Camp in Nordsyrien auf. Mit Beschluss vom 09.08.2019 verpflichtete das VG die Bundesregierung im Weg der einstweiligen Anordnung, den Antragstellern und einem weiteren Kind der Antragstellerin zu 1. Reisedokumente auszustellen und sie nach Deutschland zu verbringen.

Jüngstes Kind wegen Erkrankung bereits zurückgeholt

Da das jüngste Kind der Antragstellerin zu 1. schwer erkrankt ist, bewirkte die Bundesregierung dessen Rückholung noch im August 2019, weigerte sich jedoch hinsichtlich der übrigen Antragsteller und erhob insoweit Beschwerde gegen den Beschluss des VG beim Oberverwaltungsgericht Brandenburg, die im November 2019 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mutter und Kinder stellen Vollstreckungsantrag

Mit einem bereits Ende August 2019 erhobenen Vollstreckungsantrag rügen die Antragsteller beim VG, dass die Bundesregierung ihre sich aus dem Beschluss ergebende Verpflichtung zur Rückholung auch der übrigen Familienmitglieder nicht erfüllt habe. Sie beantragten, der Bundesregierung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von bis zu 10.000 Euro eine Befolgungsfrist zu setzen. Die Bundesregierung tritt dem Vollstreckungsantrag entgegen und meint, eine dafür nötige grundlose Säumnis könne ihr nicht vorgeworfen werden.

VG gibt Antrag statt

Das VG Berlin hat dem Vollstreckungsantrag stattgegeben. Die Voraussetzung einer fristbewährten Androhung eines Zwangsgeldes lägen vor. Die Bundesregierung sei ihren Verpflichtungen aus der einstweiligen Anordnung bislang nur unzureichend nachgekommen. Das reiche für die Annahme einer grundlosen Säumnis aus. Ihrem Vortrag ließen sich konkrete Schritte zur Verbringung der Antragsteller nach Deutschland nicht entnehmen. Hierbei werde nicht verkannt, dass die Rückholung nicht durch die Bundesregierung selbst bewirkt werden könne, sondern diese mangels Hoheitsgewalt vor Ort beziehungsweise einer diplomatischen Vertretung auf die Unterstützung von Partnern vor Ort angewiesen sei.

Noch keine konkreten Maßnahmen zur Rückholung ergriffen

Schon nach ihrem eigenen Vortrag habe die Bundesregierung jedoch bisher keine konkreten Maßnahmen ergriffen, um die Verbringung der Antragsteller herbeizuführen. Soweit sie dies damit begründe, dass bei der Rückholung eine Vielzahl ähnlicher Fälle betrachtet werden müssten, stelle das gerade keine Umsetzung ihrer sich hier gegenüber den Antragstellern ergebenden Pflichten dar. In Anbetracht der bereits verstrichenen sechs Monate müsse es möglich sein, die Antragsteller bis zum 31.03.2020 zurückzuholen.

Bundesregierung hat Beschwerde eingelegt

Gegen die Entscheidung hat die Antragsgegnerin Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

VG Berlin, Beschluss vom 10.02.2020 - 34 M 456.19

Redaktion beck-aktuell, 2. März 2020.

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