VG Berlin: Bundeskanzleramt muss Liste zu Merkels Abendessen veröffentlichen

Das Bundeskanzleramt muss Auskunft darüber erteilen, wann und aus welchem gesellschaftlichen Anlass nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt stattfanden, an denen auch Personen teilnahmen, die weder ein politisches Amt noch ein Mandat innehatten. Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass der Auskunftserteilung keine schutzwürdigen Interessen im Einzelfall entgegenstehen (Beschluss vom 23.06.2017, Az.: VG 27 L 295.17).

Auskunft über Abendessen mit fachlichem/dienstlichem Bezug begehrt

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, der zu seinen Zielen die Förderung des demokratischen Staatswesens und die Aufklärung über die Tätigkeiten von Abgeordneten und die Information über politische Entscheidungsprozesse zählt. Er betreibt eine Internetseite, auf der er über die Ergebnisse seiner Recherchen berichtet. Vom Bundeskanzleramt begehrte er Auskunft über die Abendessen der Bundeskanzlerin mit fachlichem/dienstlichem Bezug.

Bundeskanzleramt verweist auf Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung

Das Bundeskanzleramt hatte es unter anderem unter Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung abgelehnt, die begehrte Auskunft zu erteilen. Der Antragsteller forsche den innersten Bereich der Willensbildung der Bundeskanzlerin aus. Die Auskunftserteilung führe zu einer teilweisen Vorlage des Terminkalenders der Bundeskanzlerin und greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gäste der Bundeskanzlerin ein.

Antragsteller kann sich auf Rundfunkfreiheit berufen

Das VG verpflichtete das Bundeskanzleramt im Weg der einstweiligen Anordnung zur Auskunft, nachdem der Antragsteller klargestellt hatte, dass sein Begehren nur nicht-private, das heißt dienstliche Abendessen aus gesellschaftlichem Anlass erfasse. Der Antragsteller könne sich auf die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen, da er auf seiner Internetseite ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestaltetem Angebot zur Verfügung stelle.

Keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen

Der Auskunftserteilung stünden keine schutzwürdigen Interessen im Einzelfall entgegen. Insbesondere sei der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung hier nicht berührt. Die Auskunft betreffe keine laufenden, sondern zwischenzeitlich abgeschlossene Vorgänge. Die Informationen ließen weder Schlüsse auf die Willensbildung der Bundeskanzlerin zu bestimmten Themen noch auf das Ergebnis einer solchen Willensbildung oder künftige Regierungsentscheidungen zu. Die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Bundeskanzlerin würden durch die Bekanntgabe der Informationen nicht beeinträchtigt. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Gäste vermochte das VG nicht zu erkennen. Die Entscheidung im Eilrechtsschutz sei angesichts des Interesses des Antragstellers, vor der bevorstehenden Bundestagswahl zu berichten, gerechtfertigt.

Auf IFG gestützter Antrag erfolglos

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden. Ein entsprechender Antrag des Antragstellers nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes hatte vor dem VG keinen Erfolg (Az.: VG 2 L 83.17).

VG Berlin, Beschluss vom 23.06.2017 - 27 L 295.17

Redaktion beck-aktuell, 3. Juli 2017.

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