Berliner Konzertverbot vorläufig nicht zu beanstanden

Das Verwaltungsgericht Berlin hat das in der Berliner Corona-Verordnung geregelte Konzertverbot vorläufig bestätigt und zwei Pianisten, die am 03.11.2020 gemeinsam ein Konzert geben wollten, Eilrechtsschutz versagt. Es wies allerdings darauf hin, dass ihm vorerst wegen der knappen Zeit nur eine grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich gewesen sei.

Konzertpianisten begehrten Eilrechtsschutz

Nach der zum 02.11.2020 in Kraft getretenen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin sind Konzerte verboten. Hiergegen wandten sich unter anderem ein sechsjähriger Pianist und eine erwachsene Pianistin, die gemeinsam am Abend des 03.11.2020 zwei Konzerte im Apollo-Saal der Staatsoper Unter den Linden geben wollten.

Vorerst nur grobe Prüfung möglich

Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Die Verordnung beruhe auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage und verstoße weder gegen den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsprinzip noch gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Verordnungsermächtigungen. Angesichts der dem Gericht zur Prüfung des Rechtsschutzantrages nur zur Verfügung stehenden, äußerst kurzen Zeitspanne sei vorerst nur eine grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich gewesen.

Eingriff in Kunstfreiheit nicht offenkundig rechtswidrig

Danach stelle sich der in Rede stehende Eingriff in die Kunstfreiheit als nicht offenkundig rechtswidrig dar, so das VG. Denn das Verbot diene im Zusammenwirken mit anderen in der Verordnung normierten Maßnahmen und Vorgaben dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit der Krankheit COVID-19 soweit als möglich vorzubeugen, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit zu verringern und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitssystems zu schützen.

Konzertverbot als Corona-Maßnahme geeignet und erforderlich

Hierzu erscheine das Verbot auch geeignet, denn es verhindere, dass Menschen – und zwar sowohl künstlerisch Tätige als auch Publikum – aus Anlass der in Rede stehenden Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, im räumlichen Umfeld der Konzertstätte sowie auf den vor und nach dem Konzert zurückzulegenden Wegen aufeinanderträfen. Die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass das Verbot nicht erforderlich sei. Auch die von den Antragstellern angeführte Untersuchung eines Live-Konzerts am 22.08.2020 in Leipzig belege nicht, dass von Konzerten keinerlei Infektionsrisiko ausgehen könne. Im Gegenteil deute die Untersuchung darauf hin, dass bei einer unzureichenden Raumlufttechnik bereits von einer einzigen infizierten Person selbst in einem sehr großen Veranstaltungsraum ein ganz erhebliches Infektionsrisiko ausgehen könne.

Gesundheitsschutz vorrangig 

Die mit der Kunstfreiheit kollidierenden Grundrechte Dritter und die sonstigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgüter habe der Verordnungsgeber hier nicht in offenkundig rechtswidriger Weise miteinander in Ausgleich gebracht, so das Gericht weiter. Das Verbot diene dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes/jeder Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens und damit Individual- und Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang.

Auch andere Musik-Übertragungswege möglich

Zudem sei das Verbot bis zum 30.11.2020 befristet und eine Bewertung und eventuelle Anpassung der aktuell ergriffenen Maßnahmen solle bereits Mitte November erfolgen. Den Antragstellern verbleibe zudem die Möglichkeit das Konzert – sei es "live“ oder als Aufzeichnung – in Ton und Bild auf elektronischem Wege sowie über geeignete Speichermedien dem interessierten Publikum zugänglich zu machen.

Ungleichbehandlung mit anderen geöffneten Betrieben nicht sachwidrig

Die Ungleichbehandlung verbotener Konzertveranstaltungen vor Publikum einerseits und den für das Publikum weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen, etwa des Einzelhandels, sei nicht offenkundig sachwidrig. Nachteilige wirtschaftliche Folgen würden schließlich durch von der öffentlichen Hand bereitgestellte finanzielle Hilfen möglichst weitgehend abgefedert, stellten die VG-Richter fest.

VG Berlin, Beschluss vom 03.11.2020 - 14 L 508.20

Redaktion beck-aktuell, 4. November 2020.