Berliner Bordelle bleiben wegen Corona weiterhin geschlossen

Berliner Bordelle dürfen aufgrund der derzeit geltenden Corona-Eindämmungsverordnung weiter nicht öffnen. Dies gelte auch dann, wenn nur erotische Massagen angeboten werden, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilbeschluss. Der enge Körperkontakt mit wechselnden Beteiligten berge ein erhöhtes Risiko zur Ansteckung mit dem Coronavirus, welches zum Schutz der Beteiligten und der Bevölkerung vermieden werden müsse.

Verordnung verbietet Öffnung bis mindestens 04.07.2020

Die Antragstellerin betreibt in Berlin-Schöneberg ein Bordell. Der Betrieb ist nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin in ihrer aktuellen Fassung weiterhin bis zumindest 04.07.2020 untersagt. Die Antragstellerin ersuchte um Eilrechtsschutz zur Öffnung ihres Bordells.

VG: Betriebsverbot für Bordelle infektionsschutzrechtlich gerechtfertigt

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag ablehnt. Das Verbot stelle zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar. Dieser Eingriff sei aber bei summarischer Prüfung gegenwärtig noch gerechtfertigt. Das Verbot diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern.

Enger Körperkontakt mit wechselnden Beteiligten birgt erhöhtes Infektionsrisiko

Die Untersagung des Angebots sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt erscheine auch geeignet, die Erreichung des Ziels zu fördern, so die Richter. Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass angesichts der typischen Rahmenbedingungen der Erbringung sexueller Dienstleistungen in geschlossenen Räumen regelmäßig ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Diese seien im Allgemeinen gekennzeichnet durch engen, intensiven Körperkontakt, ständig wechselnde Beteiligte, erhöhte Atemfrequenz und -tiefe infolge körperlicher Anstrengung und sexueller Erregung, einen erhöhten Ausstoß von Tröpfchen und Aerosolen in der Atemluft sowie von der Arbeit in kleinen, schlecht belüfteten Räumen.

Bordelle dürfen auch nicht nur für erotische Massagen öffnen

Die Antragstellerin dürfe das Bordell auch dann nicht öffnen, wenn sie ihr Angebot auf erotische Massagen beschränke, so die Richter weiter. Denn auch dabei sei von einem erhöhten Aerosolausstoß in typischerweise eher kleinen, unzureichend mit Frischluft versorgten Arbeitsräumen auszugehen, woraus sich in Verbindung mit dem ständigen Wechsel der Beteiligten ein insgesamt deutlich erhöhtes Infektionsrisiko ergebe. Zudem bestehe die Gefahr, dass eine unbemerkt infizierte Prostituierte selbst im Laufe nur eines einzigen Arbeitstages bereits viele Kunden anstecken könnte, die das Virus dann wiederum in ihr familiäres und soziales Umfeld weitertragen könnten.

Gefahr der Nichtbeachtung von Hygienemaßnahmen

Bei lebensnaher Betrachtung erscheine es auch durchaus wahrscheinlich, dass einerseits nicht wenige Kunden auf das gewohnte erweiterte “Leistungsspektrum“ und/oder günstigere Bedingungen, wie etwa den Verzicht auf das durchgängige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung beider Beteiligter, drängen und andererseits Prostituierte – zumal beim Bestehen eines entsprechenden finanziellen Anreizes – versucht sein könnten, diesen Kundenwünschen nachzukommen. Eine effektive Kontrolle sei ersichtlich schon deshalb nicht möglich, weil die sexuellen Dienstleistungen naturgemäß hinter "verschlossenen Türen", also außerhalb des Wahrnehmungsbereichs von Kontrollpersonen oder sonstigen Dritten, erbracht würden. 

Keine Ungleichbehandlung mit anderen körpernahen Dienstleistungen

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber zulässigen körpernahen Dienstleistungen bestehe nicht, weil der Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums die Infektions- und Ausbreitungsgefahr bei diesen als vergleichsweise geringer habe einschätzen dürfen.

VG Berlin, Beschluss vom 23.06.2020 - 14 L 158/20

Redaktion beck-aktuell, 25. Juni 2020.