Quereinstieg für Berliner Lehrer ohne Rechtsgrundlage

Die vom Senat organisierte Ausbildung von Quereinsteigern in den Lehrerberuf in Berlin hat keine hinreichende Rechtsgrundlage. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin. Denn mit den berufsbegleitenden Studien werde ein weiterer Zugang zum Lehrerberuf eröffnet. Dafür sei nach dem Grundgesetz eine Regelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung erforderlich, die hier aber fehle.

Mehrere Möglichkeiten zum Seiten- oder Quereinstieg

Da es seit Jahren zu wenige regulär ausgebildete Lehrer gibt, bestehen im Land Berlin verschiedene Möglichkeiten zum Seiten- oder Quereinstieg in den Lehrerberuf. Verfügen die Bewerber über einen Hochschulabschluss, der sich inhaltlich einem Schulfach zuordnen und haben sie ein zweites Fach mit angemessenem Studienumfang belegt, können sie den Vorbereitungsdienst berufsbegleitend absolvieren. Sie werden als Lehrer bei reduzierter Unterrichtsverpflichtung angestellt und erhalten berufsbegleitend insbesondere eine pädagogische Zusatzausbildung. Lässt sich ein zweites Schulfach nicht in erforderlichem Umfang feststellen, kann das zweite Fach nach dem Lehrkräftebildungsgesetz durch "berufsbegleitende Studien" erworben werden. Auch in diesem Fall werden die Bewerber bereits als Lehrer angestellt und absolvieren - bei ebenfalls reduzierter Stundenzahl - zunächst berufsbegleitende Studien in dem ihnen noch fehlenden Fach und erst danach den (berufsbegleitenden) Vorbereitungsdienst. Für die Durchführung der berufsbegleitenden Studien hat die Senatsverwaltung eigens das Studienzentrum für Erziehung, Pädagogik und Schule eingerichtet, an dem in den vergangenen Jahren zahlreiche Absolventen ihr Studium berufsbegleitend durchgeführt haben.

Biologin klagt nach nicht bestandenen berufsbegleitenden Studien

Im konkreten vom Verwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte die Klägerin, die Lehrerin an Grundschulen werden will und bereits seit 2013 an einer Berliner Grundschule unterrichtet, einen Hochschulabschluss als Diplom-Biologin. Diesen Abschluss ordnete die Senatsverwaltung für Bildung dem Grundschulfach Sachkunde/Naturwissenschaften zu. Weil alle Lehrer an Grundschulen einen Abschluss in Deutsch und Mathematik haben müssen, wurde sie zu berufsbegleitenden Studien in diesen beiden Fächern zugelassen. Die Klägerin bestand die zweite Klausur im Fach Mathematik trotz Wiederholung nicht und auch bei einer mündlichen Nachprüfung erbrachte sie nicht die geforderten Leistungen. Daraufhin teilte ihr die Senatsverwaltung mit, dass sie die berufsbegleitenden Studien endgültig nicht bestanden habe. Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin und begehrte, ihr die Fortsetzung der berufsbegleitenden Studien zu ermöglichen.

Klägerin erzielt wertlosen Erfolg

Die Fünfte Kammer hat den negativen Prüfungsbescheid aufgehoben, einen Anspruch auf Fortsetzung der berufsbegleitenden Studien jedoch verneint. Da mit den berufsbegleitenden Studien ein weiterer Zugang zum Lehrerberuf eröffnet werde, sei nach dem Grundgesetz insgesamt eine Regelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung erforderlich, in der insbesondere der Zugang zum Studium sowie das Prüfungsverfahren und die dabei geforderten Leistungen festgelegt sein müssen. An solchen Regelungen für die berufsbegleitenden Studien fehle es aber im Land Berlin vollständig. Deshalb gebe es auf der einen Seite keine Rechtsgrundlage für die Feststellung, die Klägerin habe ihre Prüfung im Fach Mathematik nicht bestanden, andererseits könne die Klägerin – gleichfalls mangels Rechtsgrundlage – eine Fortsetzung ihres berufsbegleitenden Studiums nicht beanspruchen. Das VG ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zu.

VG Berlin, Urteil vom 20.12.2022 - 5 K 126/20

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 17. Januar 2023.

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