VG Berlin: Berlin muss streckenbezogene Diesel-Fahrverbote erlassen

Das Land Berlin ist verpflichtet, den Luftreinhalteplan für Berlin bis spätestens 31.03.2019 so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m3 im Stadtgebiet Berlin enthält. Dazu gehören Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auf mindestens elf Straßenabschnitten. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe mit Urteil vom 09.10.2018 entschieden (Az.:10 K 207.16).

VG: Berliner Luftreinhalteplan zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte unzureichend

Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger Recht gegeben, die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache aber zugelassen. Nach Auffassung des Gerichts sehen der derzeit gültige Luftreinhalteplan 2011-2017 und das bisherige Konzept des Beklagten zu seiner Fortschreibung keine ausreichenden Maßnahmen zur Einhaltung des gemittelten Jahresgrenzwertes für Stickstoffdioxide von 40 µg/m3 vor. Das beklagte Land müsse für insgesamt 15 km Straßenstrecke (117 Straßenabschnitte) prüfen, ob Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge zur Einhaltung des Grenzwertes erforderlich sind.

Beklagter muss beschränktes Diesel-Fahrverbot erlassen

Unabhängig hiervon müsse der Beklagte jedenfalls auf den Strecken, auf denen nach seinen eigenen Berechnungen - selbst unter Berücksichtigung eines Fahrverbots für Diesel-Pkw bis zur Schadstoffklasse Euro 5 - der Grenzwert nicht eingehalten werde, zwingend ein Fahrverbot anordnen, das auch Diesel-Lkw bis zur Schadstoffklasse Euro 5 umfasse. Es handele sich dabei um insgesamt elf Straßenabschnitte an der Leipziger Straße, Reinhardtstraße, Brückenstraße, Friedrichstraße, dem Kapweg, Alt-Moabit, der Stromstraße und Leonorenstraße.

Fortschreibung des Luftreinhalteplanes muss bis spätestens 31.03.2019 beschlossen sein

Der Beklagte sei verpflichtet, den Beschluss über die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes bis spätestens 31.03.2019 zu erlassen. Das Gericht hält einen früheren Zeitpunkt zwar für wünschenswert, aber wegen der gesetzlich vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht für realistisch. Die Fahrverbote müssten anschließend vom Land Berlin innerhalb von zwei bis drei Monaten umgesetzt werden. Soweit der Kläger ursprünglich die Anordnung eines Fahrverbots für die gesamte Umweltzone beziehungsweise für sämtliche Strecken, auf denen etwa eine geringfügige Überschreitung des Grenzwertes prognostiziert ist, verlangt hatte, hat er die Klage auf Hinweis des Gerichts zurückgenommen.

Anwalt der Stadt zufrieden

Der Anwalt des Berliner Senats hat die Entscheidung als "ausgewogenes Urteil" bezeichnet. Frank Fellenberg sagte am 09.10.2018, die Deutsche Umwelthilfe habe ein flächendeckendes Fahrverbot im gesamten Innenstadtbereich verlangt. Das Gericht habe aber Sperrungen nur für einzelne Straßenabschnitte verhängt. Es habe außerdem den Zeitplan des Landes akzeptiert. Berlin hatte bereits zuvor angekündigt, bis zum März 2019 einen neuen Luftreinhalteplan zu beschließen.

Deutsche Umwelthilfe: "Guter Tag für saubere Luft"

Die Deutsche Umwelthilfe hat nach dem Urteil von einem "guten Tag für saubere Luft" gesprochen. Geschäftsführer Jürgen Resch sagte, die Verbote müssten nun vom Berliner Senat schnell umgesetzt werden. Die Bürger bräuchten Planungssicherheit. Resch kritisierte, die Bundesregierung sei mit ihrem Diesel-Kompromiss gescheitert. Die große Koalition hatte sich für 14 besonders belastete Städte auf Maßnahmen wie Kaufanreize für neue Autos geeinigt - Berlin ist in dieser Liste zum Beispiel aber nicht enthalten. Resch forderte einen erneuten "Dieselgipfel" der Bundesregierung, bei dem auch Umweltverbände mit am Tisch sitzen müssten. Resch bedauerte zudem, dass es nicht gelungen sei, Sperrungen für die gesamte Umweltzone zu erreichen - diese umfasst die Berliner Innenstadt. Die Umwelthilfe hatte bei streckenbezogenen Fahrverboten vor Ausweichverkehren gewarnt.

VG Berlin, Urteil vom 09.10.2018 - 10 K 207.16

Redaktion beck-aktuell, 9. Oktober 2018.

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