Bezirksamt Pankow erneut erfolglos: Fällverbot für Bäume rechtswidrig

Die Wohnungsbaugesellschaft, die im Berliner Bezirk Pankow eine Flüchtlingsunterkunft bauen will, hat sich erneut erfolgreich gegen ein vom Bezirksamt erlassenes generelles Baumfällverbot gewandt. Dieses sei voraussichtlich rechtswidrig, entschied das VG Berlin in einem Eilverfahren.

Die landeseigene Gesellschaft will in Pankow zwischen bereits vorhandenen Wohnkomplexen zwei Neubauten errichten, die 422 Geflüchtete beherbergen sollen. Für das Vorhaben müssen Bäume gefällt werden. Dies untersagte das Bezirksamt Pankow wegen artenschutzrechtlicher Bedenken im Oktober 2023 "bis auf Weiteres". Die Wohnungsbaugesellschaft begehrte Eilrechtsschutz und bekam vom VG Berlin Recht, dass das Verbot als rechtswidrig erachtete. Gegen den Beschluss legte das Bezirksamt Beschwerde ein, über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig verbot es der Wohnungsbaugesellschaft erneut, Bäume zu fällen, bis über den Antrag auf Gewährung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung entschieden ist. Wiederum ordnete das Amt die sofortige Vollziehung an – und wiederum wehrte sich die Baugesellschaft erfolgreich mit einem Eilantrag. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten des Bezirksamtes zur Abwehr von Gefahren für geschützte Tierarten, insbesondere Brutvögel und Fledermäuse, lägen nicht vor, entschied das VG Berlin (Beschluss vom 05.02.2024 – VG 24 L 6/24).

Zulässige Modifizierung des Schädigungsverbots

Zwar sei es nach dem Bundesnaturschutzgesetz verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wildlebender Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Dieses Verbot werde hier aber zugunsten der Wohnungsbaugesellschaft modifiziert, weil das Bauvorhaben im ungeplanten Innenbereich liege, so das VG. Ein Verstoß gegen das Schädigungsverbot liege nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werde. Das VG hat das hier bejaht.

Weder das Bezirksamt noch die beigeladenen Naturschutzverbände hätten ausreichend dargelegt, dass die geplanten Fällungen die konkrete Gefahr bergen, dass das artenschutzrechtliche Schädigungsverbot verletzt wird. Auch sonst sei keine solche Gefahr ersichtlich. Zwar würden Fortpflanzungs- und Ruhestätten der betroffenen Tierarten durch die Maßnahmen auf dem Vorhabengrundstück vollständig beseitigt. Die ökologische Funktion dieser geschützten Lebensstätten werde jedoch aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen weiterhin erfüllt, die die Wohnungsbaugesellschaft bereits ergriffen beziehungsweise zugesichert habe. Sie habe die Ausgleichsmaßnahmen auch den Forderungen des Bezirksamts entsprechend ergänzt und angepasst.

Das Bezirksamt kann gegen den neuen Beschluss des VG wiederum Beschwerde einlegen.

VG Berlin, Beschluss vom 05.02.2024 - 24 L 6/24

Redaktion beck-aktuell, gk, 7. Februar 2024.