Polizeibewerber dürfen wegen sichtbarer Tätowierungen grundsätzlich nicht abgelehnt werden, solange es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 23.07.2018 in einem Eilverfahren entschieden (Az.: VG 5 L 248.18, BeckRS 2018, 16318).
Polizeibewerber wegen Tätowierungen abgelehnt
Der Antragsteller ist am linken Arm und am rechten Unterarm sowie an der linken Schulter und am rechten Handgelenk tätowiert. Dort befinden sich teils großflächige Abbildungen, verschiedene Symbole und ein Sinnspruch. Die Tätowierungen zeigen unter anderem Fußballvorlieben oder weisen familiäre Bezüge auf. Der Antragsteller bewarb sich um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Berliner Schutzpolizei zum 03.09.2018. Der Polizeipräsident in Berlin verweigerte die Einstellung unter Verweis auf die Tätowierungen. Diese seien aufgrund von Größe und Motivvielfalt geeignet, die Repräsentationsziele der Polizei zu beeinträchtigen. Eine Einstellung komme erst nach Entfernung der Tätowierungen in Betracht. Dagegen begehrte der Antragsteller Eilrechtsschutz.
VG: Gesetzliche Grundlage erforderlich
Der Antrag hatte Erfolg. Das VG hat die Behörde vorläufig verpflichtet, den Antragsteller weiter am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen. Die Ablehnung des Antragstellers wegen seiner sichtbaren, inhaltlich aber unbeanstandeten Tätowierungen sei rechtswidrig. Das Verbot, Tätowierungen zu tragen, greife in das Persönlichkeitsrecht des Beamten ein und lasse sich seiner Natur nach nicht auf die Zeit der Dienstausübung beschränken. Dieser Eingriff sei erheblich und bedürfe daher einer gesetzlichen Grundlage, an der es derzeit fehle. Es obliege allein dem Gesetzgeber, die Entscheidung zu treffen, ob und in welchem Umfang Tätowierungen im öffentlichen Dienst untersagt sein sollten.
Mit Beamtenpflichten vereinbare Tätowierungen daher weiter zulässig
Laut VG sind bis zu einer solchen Entscheidung Polizeibeamte im Land Berlin berechtigt, jedenfalls solche Tätowierungen zu tragen, die - wie hier - nach ihrem Sinngehalt nicht gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen. Unzulässig seien Tätowierungen, die einen strafbaren Inhalt hätten oder denen ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue zu entnehmen sei.
VG Berlin, Beschluss vom 23.07.2018 - 5 L 248.18
Redaktion beck-aktuell, 26. Juli 2018.
Aus der Datenbank beck-online
VG Berlin, Einstweilige Anordnung, Streitwertfestsetzung, Vorbereitungsdienst, Rechtsschutzziel,
BeckRS 2018, 16318 (ausführliche Gründe)
AG Düsseldorf, gehobener Polizeivollzugsdienst, Eignungsmangel, Dienstherr,
BeckRS 2018, 7916
VGH Kassel, Tätowierung im Eignungsauswahlverfahren zum Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei,
NVwZ-RR 2015, 54
VG Weimar, Einstellung in Polizeidienst trotz großflächiger Tätowierungen an beiden Beinen,
NVwZ-RR 2013, 273
Michaelis, Tattoos als Einstellungshindernis für (Polizei-)Vollzugsbeamte,
JA 2015, 370