VG Ansbach: Läden mit mehr als 800 qm Fläche dürfen nicht mit begrenzter Verkaufsfläche öffnen

Größere Einzelhandelsgeschäfte dürfen auch dann nicht geöffnet werden, wenn die Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzt wird. Außerdem müssen in Einkaufscentern Geschäfte unabhängig von ihrer Größe weiter geschlossen bleiben. Dies hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschlüssen vom 24. und 26.04.2020 entschieden und Eilanträge einer Bekleidungskette und einer Ladenkette abgelehnt. Der Wortlaut der Bayerischen Anti-Corona-Verordnung sei eindeutig und die Beschränkung der Ausnahmen vom Öffnungsverbot zur Eindämmung der Pandemie gerechtfertigt (Az.: AN 18 E 20.00745 und AN 30 S 20.00775).

Modegeschäft wollte Ladenöffnung durch Flächenbegrenzung erreichen

Im ersten Fall ging es um eine Bekleidungskette, die ihre über 800 Quadratmeter großen Filialen in mehreren Städten nach einer Begrenzung der Verkaufsfläche am 27.04.2020 öffnen wollte. § 2 Abs. 4 Satz 1 der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BayIfSMV) untersagt die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art. § 2 Abs. 5 der 2. BayIfSMV sieht für Ladengeschäfte, deren Verkaufsräume eine Fläche von 800 Quadratmeter nicht überschreiten, eine Ausnahme vor. Die Antragstellerin begehrte im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung, dass mit der Beschränkung der Ladenfläche der Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

Geschäft in Ansbacher Brücken-Center wollte öffnen

In einem weiteren Fall ging es um eine Ladenkette, die am 27.04.2020 ihr Geschäft im Ansbacher Brücken-Center öffnen wollte. Das Geschäft selbst hat eine Ladenfläche von 153 Quadratmeter, liegt also unter der 800-Quadratmeter-Grenze. Die Antragstellerin beantragte gerichtlichen Eilrechtsschutz und machte geltend, sie sei von dem weiteren Shutdown existenzgefährdend betroffen. Der Zeitraum falle mit der Anschaffung der Frühjahrs- und Sommerkollektion zusammen. Andere Geschäfte, die an Einkaufsstraßen liegen, dürften öffnen. Nach § 2 Abs. 5 der 2. BayIfSMV gilt die Ausnahme vom Öffnungsverbot auch für Einkaufszentren, deren Verkaufsräume eine Fläche von 800 Quadratmeter nicht überschreiten.

VG: Beschränkung der Verkaufsräume zur Eindämmung des Coronavirus nicht ausreichend

Das VG hat die Eilanträge abgelehnt. Nur die Beschränkung der Verkaufsräume reiche nicht aus, um den Zweck der Verordnung zu erfüllen. Die Verordnung sei unter dem Eindruck ergangen, dass eine Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus durch eine Einschränkung des öffentlichen Lebens und insbesondere auch durch das Schließen der meisten Ladengeschäfte erreicht werden könne. Die Einschränkung des öffentlichen Lebens solle schrittweise zurückgenommen werden und auch Ladengeschäfte unter bestimmten Voraussetzungen wieder öffnen dürfen. Die Anknüpfung an eine 800-Quadratmeter-Grenze für Verkaufsräume folge einer Typisierung aus dem Raumordnungs- und Städtebaurecht. Geschäften mit diese Grenze überschreitenden Verkaufsräumen werde typisierend eine erhöhte, auch überörtliche, Anziehungskraft zugewiesen. Hieran knüpfe der Verordnungsgeber an. Nach summarischer Prüfung sei diese Differenzierung mit dem Gleichheitssatz vereinbar und angemessen.

Begrenzung der Verkaufsfläche lässt Magnetwirkung nicht entfallen

Die erhöhte Anziehungskraft ende nicht dadurch, dass die Ladenfläche tatsächlich auf 800 Quadratmeter begrenzt werde. Das Geschäft sei vielmehr mit der entsprechenden Verkaufsfläche am Markt bekannt und entfalte mit umfangreichem Kleidungs- und Markenangebot eine Sogwirkung. Durch diese Anziehungskraft stiegen auch die sonstigen Kontaktmöglichkeiten im öffentlichen Raum und zugleich das Risiko auch einer überörtlichen Verbreitung des Virus. Nach summarischer Prüfung sei die Regelung daher unabhängig von einer Begrenzung der Ladenfläche angemessen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des Umstandes, dass die Regelungen der Verordnung nur vorübergehend gelten und zum 03.05.2020 neu zu beurteilen seien.

800-qm-Regelung erfasst explizit gesamtes Einkaufszentrum

Zum zweiten Fall führte das VG aus, dass die in der Verordnung normierte Regelung sich ausdrücklich auf Einkaufscenter beziehe. Einer Aufteilung des Einkaufszentrums in einzelne Ladengeschäfte stehe der eindeutige Wortlaut der Ausnahmeregelung entgegen. Ein Einkaufszentrum bestehe, anders als die in der Verordnung ebenfalls genannten Kaufhäuser, typischerweise aus mehreren Ladengeschäften.

Wegen größerer Anziehungskraft keine Ungleichbehandlung

Eine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Geschäften einer Einkaufsstraße sei nicht zu erkennen, da ein Einkaufszentrum unter anderem wegen des zu Grunde liegenden Werbekonzepts eine andere Anziehungskraft habe. Ein Einkaufszentrum biete eine Vielzahl von Geschäften und Dienstleistungen unter einem Dach und ziele mit guter Erreichbarkeit auf die Anziehung möglichst vieler Kunden auch aus dem Umkreis ab.

Ansbacher Brücken-Center hat überdurchschnittlich weites Einzugsgebiet

Das gelte insbesondere für den vorliegenden Fall, weil das Ansbacher Brücken-Center im ländlich geprägten westmittelfränkischen Raum ein regional überdurchschnittlich weites Einzugsgebiet habe. Hier unterscheide sich der Sachverhalt von anderen Standorten in Großstädten oder Stadtstaaten entscheidungserheblich. So habe das Ansbacher Brücken-Center bei einer Einwohnerzahl der Stadt Ansbach von etwa 40.000 Bürgern und Bürgerinnen durchschnittlich 18.000 Besucher pro Tag.

VG Ansbach, Beschluss vom 24.04.2020 - AN 18 E 20.00745

Redaktion beck-aktuell, 27. April 2020.