VG Aachen: Polizei darf von Kohlegegnern besetztes RWE-Haus in Kerpen-Manheim räumen

Die Polizei darf ein von Kohlegegnern des Aktionsbündnisses "Ende Gelände" besetztes Haus des Energiekonzerns RWE in Kerpen-Manheim am Hambacher Forst räumen. Dies hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden und einen Eilantrag gegen eine entsprechende Räumungsverfügung des Polizeipräsidiums Aachens am 26.10.2018 abgelehnt (Az.: 6 L 1601/18).

VG: Räumung polizeirechtlich zulässig – Versammlungsfreiheit nicht berührt

Laut VG überwiegt das öffentliche Interesse an der Räumung des besetzten Hauses das Privatinteresse des Antragstellers. Die Räumung sei auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes zulässig. Das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit sei nicht berührt, so dass nicht auf das Versammlungsgesetz zurückzugreifen sei. Denn es liege keine Versammlung im Sinn des Art. 8 GG vor. Die pauschale Behauptung des Antragstellers, "bei den 40-50 Personen" handele es sich um eine Versammlung, sei durch nichts belegt. Es sei nichts dafür erkennbar, dass die Besetzung der (leerstehenden) Häuser – auch wenn sie im Zusammenhang mit den derzeitigen Geschehnissen rund um den Braunkohletagebau Hambach stehe – eine gemeinschaftliche Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zum Gegenstand habe.

Polizei konnte von Hausfriedensbruch ausgehen

Die Polizei sei im Zeitpunkt ihres Einschreitens zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden habe und nach wie vor bestehe, so das VG weiter. Denn es gebe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen die Rechtsordnung. Im Zeitpunkt ihres Einschreitens habe sich die Lage für die Polizeibeamten so dargestellt, dass sich der Antragsteller gemeinsam mit einigen anderen Personen ohne Erlaubnis des Eigentümers und Hausrechtsinhabers RWE Zutritt zu einem der Häuser verschafft habe. Trotz mehrfacher Aufforderungen habe er sich nicht entfernt. Es habe daher viel für die Verwirklichung des Straftatbestandes des Hausfriedensbruchs gesprochen. Ob sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass im Einzelfall kein Hausfriedensbruch vorgelegen habe, spiele keine Rolle.

Vorrangiges Beschreiten des Zivilrechtswegs nicht erforderlich

Dem VG zufolge musste auch nicht vorrangig der Zivilrechtsweg beschritten werden. Zum einen gehe es nicht um die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, sondern es stehe vielmehr ein Straftatverdacht im Raum. Zum anderen habe RWE beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Räumung des Grundstücks, beantragt. Mit Beschluss des Landgerichts Köln vom 22.10.2018 (Az.: 5 O 410/18) sei der Antrag aber abgelehnt worden, weil RWE die Hausbesetzer (damit auch den Antragsteller) nicht namentlich habe benennen können. RWE habe lediglich die Angabe "(derzeit ca. 40-50) Besetzer" gemacht und habe damit die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragsschrift nicht erfüllt. Auch jetzt sei nur einer der Hausbesetzer, der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren, namentlich bekannt.

VG Aachen, Beschluss vom 26.10.2018 - 6 L 1601/18

Redaktion beck-aktuell, 29. Oktober 2018.