VG Aachen: Stadt muss Kita-Zeiten Bedarf der Eltern anpassen

Ein einjähriges Kind hat Anspruch auf einen Kita-Platz, dessen zeitlicher Umfang sich nach dem Betreuungsbedarf der Eltern richtet. Das hat die Achte Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen im Rahmen eines Eilantrages eines 2017 geborenen Kindes entschieden. Die Stadt Aachen ist damit verpflichtet, für das klagende Kind ab dem 01.08.2018 einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung mit einer Betreuungszeit von 8 bis 17 Uhr zur Verfügung zu stellen. Ein Angebot der Stadt mit Zeiten von 7:30 bis 16:30 Uhr hielten die Richter nicht für ausreichend (Beschluss vom 31.07.2018, Az.: 8 L 700/18).

Anspruch auf Betreuungsplatz bis 17 Uhr

Die Eltern des Kindes benötigen einen Kita-Platz von montags bis freitags in der Zeit von 8:00 bis 17:00 Uhr. Die Stadt Aachen hatte vorgetragen, für das Kind stehe ein Betreuungsplatz in einer städtischen Kindertageseinrichtung nur bis 16:30 Uhr zur Verfügung. Das Gericht entschied, dass Kindern in der Zeit zwischen Vollendung des ersten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ein einklagbarer Anspruch gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege zusteht.

Anspruch unterliegt keinem Kapazitätsvorbehalt

Dieser Anspruch stehe nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt, so das Gericht weiter. Damit habe der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dafür Sorge zu tragen, dass eine am konkreten Bedarf ausgerichtete ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen geschaffen oder durch geeignete Dritte (etwa freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen) bereitgestellt werde. Dabei müsse sichergestellt sein, dass in zeitlicher Hinsicht dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes und seiner Erziehungsberechtigten entsprochen werde.

Öffnungszeiten von 7:30 bis 16:30 unzureichend

Diesen Anforderungen habe die Stadt Aachen hier nicht genügt, so das VG. Die Eltern des Antragstellers hätten nachgewiesen, dass sie aufgrund ihrer Arbeits- und Wegezeiten einer werktäglichen Betreuung in der Zeit von 8:00 bis 17:00 Uhr bedürfen. Die von der Stadt wochentags zur Verfügung gestellte Betreuung des Antragstellers in der fraglichen Kindertageseinrichtung in der Zeit von 7:30 bis 16:30 Uhr genüge den Anforderungen nicht.

Verweis auf Tagesmutter nicht möglich

Die Stadt könne den Antragsteller auch nicht auf eine Betreuung in der Kindertagespflege (etwa durch eine Tagesmutter) verweisen. Ein solcher Verweis sei erst zulässig, wenn die Kapazität in der primär gewählten Betreuungsform (hier: Kindertagesstätte) erschöpft sei, was die Stadt nicht nachgewiesen habe. Sie habe auch keine Angaben dazu gemacht, dass eine Streckung der Öffnungszeiten und ein damit einhergehender erhöhter Personalaufwand etwa wegen eines derzeitigen Fachkräftemangels ihrerseits nicht zu leisten sei.

Verpflichtung bereits im Eilverfahren notwendig

Wegen der dem Antragsteller anderenfalls entstehenden nicht wiedergutzumachenden Nachteile sei es ausnahmsweise gerechtfertigt, die Stadt bereits im Eilverfahren zu einer Schaffung des benötigten Betreuungsplatzes zu verpflichten. Denn der Anspruch des Antragstellers auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung lasse sich für die Vergangenheit nicht nachholen.

VG Aachen, Beschluss vom 31.07.2018 - 8 L 700/18

Redaktion beck-aktuell, 2. August 2018.

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