Ende 2022 standen den Bürgern nur 105 Dienste der Verwaltung online zur Verfügung, inzwischen sind es zwar ein paar mehr, aber dass das OZG sein Ziel bisher verfehlt hat, war Konsens unter den Sachverständigen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Kommunalverbänden, die sich am Montag zu einem Regierungsentwurf äußerten, mit dem das 2017 verabschiedete OZG novelliert werden soll (BT-Drs. 20/8093).
Der ehemalige Bevollmächtigte des Saarlandes für Innovation und Strategie, Ammar Alkassar, würdigte in der Anhörung das OZG "trotz aller Defizite" als bisher umfangreichste Initiative, um staatliches Handeln auf das digitale Zeitalter einzustellen. Die jetzt vorliegende Novelle sei "positiv" zu bewerten, bleibe aber "hinter den Erfordernissen einer raschen Verwaltungsdigitalisierung" zurück. Auch Grudrun Aschenbrenner von der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern beklagte, dass nach fünf Jahren OZG Deutschland nicht dort sei, wo es in der Verwaltungsdigitalisierung sein sollte. Sie wünsche sich "disruptive Änderungen" und mehr Mut.
Als Vertreterin des Deutschen Städtetages wies Uda Bastians auf die zunehmende Personalnot der öffentlichen Verwaltung bei wachsenden Anforderungen hin, die die Umstellung auf digitale Verfahren zu einem zwingenden Gebot werden ließen. Es fehlten klare Festlegungen auf Standards, Zielsetzung und Kosten im Gesetzentwurf so ihre Kritik.
Forderung nach einem Rechtsanspruch kontrovers diskutiert
Umstritten war vor allem, ob die Einführung eines gesetzlichen Rechtsanspruchs auf digitale Verwaltungsleistungen, wie ihn die Unionsfraktion in einem Antrag (BT-Drs. 204313) fordert, ein geeignetes Mittel der Beschleunigung ist. Jonas Botta vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer empfahl eine Frist zur Umsetzung der neuen Regelungen und erklärte einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen für sinnvoll. Auch Marc Danneberg von Branchenverband Bitcom sah darin eine Möglichkeit, um den "Umsetzungsdruck" zu erhöhen.
Für den Deutschen Landkreistag wies Ariane Berger die Forderung nach einem Rechtsanspruch dagegen als untauglich zurück. Die kommunale IT müsse für die Erfordernisse einer weitgehenden Digitalisierung hingegen "aufnahmefähig" gemacht werden. Es bedürfe eines "Standardisierungprogramms" für die Verwaltung. Auch Annette Guckelberger von der Universität des Saarlandes hält einen Rechtsanspruch nicht für sinnvoll. Denn Digitalisierung sei ein komplexer Prozess, das OZG darin nur einer von mehreren Schritten. Hier seien auch die Länder gefragt, Regelungen zu beschließen.
Für klare gesetzliche Vorgaben für die Sicherheit der Nutzerkonten und der Postfächer sprach sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber aus. Auch er stellte fest, Deutschland sei "gefährlich unterdigitalisiert". Inga Karrer von der Koordinationsstelle E-Government bei der Deutschen Industrie- und Handelsammer gab wiederum zu bedenken, dass eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie möglicherweise bedeute, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz neu zu verteilen. Sie erfordere ein Maß an Zentralisierung, das nach aktueller Verfassungslage nicht zulässig sei.
Für Gerhard Hammerschmid von der Berliner Hertie-School ist das OZG bereits gescheitert. Es sei in seiner Zeit zwar ein "international einmaliges Gesetz" gewesen, aber mit einem so hohen Anspruch, dass es "zum Scheitern verurteilt" gewesen sei. Hammerschmid sprach sich gegen einen Rechtsanspruch aus, der "administrativ nicht umsetzbar" sei, dafür umso nachdrücklicher für ein „verbindliches und transparentes" Monitoring durch unabhängige Experten, insbesondere, da es künftig keine verpflichtende Umsetzungsfrist mehr geben solle.