Teure Selbsthilfe gegenüber Ferienwohnungsgästen

Wenn der Vermieter einer Ferienwohnung nach einem Gebührenstreit mit seinen Gästen einfach das Schloss der Wohnung austauscht, muss er für einen Polizeieinsatz aufkommen, den die Gäste deswegen initiiert haben, weil sie dringend an ein in der Wohnung befindliches Medikament kommen mussten. In einem solchen Fall dürfe die Polizei die Wohnungsöffnung anordnen und die Kosten dem Vermieter auferlegen, so das Verwaltungsgericht Berlin.

Streit um Buchungskosten

Der Kläger vermietete im Juli 2018 eine Wohnung in Berlin an zwei Feriengäste. Am 28.07.2018 wandte er sich an die Polizei und teilte mit, die Gäste hätten zwar die Buchungskosten, nicht aber weitere Gebühren für ein verspätetes Einchecken entrichtet. Die Polizei solle daher sein Hausrecht durchsetzen und die Mieter aus der Wohnung entfernen. Dieser Aufforderung kam die Polizei nicht nach und verwies den Kläger auf die zivilrechtliche Geltendmachung seiner Ansprüche.

Polizeieinsatz wegen Aussperrung

Am frühen Morgen des 29.07.2018 alarmierten die beiden Touristen nun ihrerseits die Polizei, weil sie feststellen mussten, dass sie mit dem ihnen überlassenen Schlüssel nicht mehr in die Wohnung gelangen konnten. Dort befänden sich indes ihre persönlichen Sachen, darunter ein Medikament, auf dessen Einnahme einer von ihnen als HIV-positive Person dringend angewiesen sei. Die Polizei veranlasste daraufhin die Türöffnung durch einen Schlüsseldienst. Der erkrankte Gast nahm seine Medikamente im Beisein der Polizei ein.

Wohnungsöffnung zu Recht angeordnet

Für den Polizeieinsatz stellte der Polizeipräsident in Berlin dem Kläger eine Gebühr von rund 135 Euro in Rechnung, zuzüglich der Kosten für den Schlüsseldienst in Höhe von circa 210 Euro. Die Klage des Vermieters war erfolglos. Die Polizei habe die Wohnungsöffnung seinerzeit zu Recht anordnen und den Kläger rechtmäßig für die Kosten in Anspruch nehmen dürfen, so das VG. Grundlage hierfür sei das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin gewesen, wonach die Polizei eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers unter anderem dann betreten und durchsuchen dürfe, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich sei.

Verweis auf medikamentösen Notfall

Dies sei hier der Fall gewesen, so das VG, weil der mit HIV infizierte Tourist auf die tägliche Einnahme seiner Medikamente angewiesen gewesen und das Betreten der Wohnung mutmaßlich durch das Auswechseln des Schlosses seitens des Klägers unmöglich geworden sei. Der Erkrankte habe entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht ohne Weiteres anderweitige ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen können, weil er auf die Medikamente eingestellt gewesen sei. Der Kläger sei als Veranlasser der Maßnahme auch der richtige Kostenschuldner, so das VG abschließend.

VG Berlin, Urteil vom 12.10.2020 - 1 K 107.19

Redaktion beck-aktuell, 18. November 2020.