Verlustabzugsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen verfassungsgemäß

Die Verlustabzugsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen im Sinne von §15b EStG ist nicht verfassungswidrig. Die Beschränkung der Verlustverrechnung berühre zwar den Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Diese Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Steuerstundungsmodelle sei aber aus Gründen der Missbrauchsabwehr und zur Lenkung des Investitionsverhaltens der Steuerpflichtigen gerechtfertigt, so das Finanzgericht Hamburg. Die Revision gegen das Urteil vom 20.02.2020 wurde zugelassen, aber nicht eingelegt.

Kläger wendete sich gegen die Abzugsbeschränkung definitiv festgestellter Verluste

Der Kläger hatte sich an einer Gesellschaft beteiligt, die zunächst – entsprechend ihren Prospektangaben – ab 2005 Verluste erwirtschaftete. Entgegen den Prognosen wurden aber auch später ab 2012 keine Gewinne erzielt und die Gesellschaft liquidiert. Die für den Kläger als verrechenbar festgestellten Verluste wurden infolge der Liquidation im Streitjahr definitiv. Der Kläger berief sich zunächst auf die bei Einführung des § 15b EStG geltend gemachten verfassungsrechtlichen Zweifel bezüglich der rückwirkenden Anwendung der Regelung und der mangelnden Bestimmtheit des Begriffs "modellhafte Gestaltung", hielt daran später aber nicht mehr fest und machte nur noch geltend, die Norm sei jedenfalls insoweit verfassungswidrig, als bei Beendigung der Betätigung der Gesellschaft die verrechenbaren Verluste definitiv würden. In diesen Fällen bedürfe es der Feststellung eines ausgleichsfähigen Verlustes.

FG weist Klage ab

Das Verfahren vor dem FG hatte zunächst im Hinblick auf das Revisionsverfahren zum Aktenzeichen IV R 2/16 geruht, in dem ebenfalls die Frage streitig war, ob § 15b Abs. 1 EStG teleologisch dahingehend einzuschränken ist, dass das Verlustausgleichsverbot nur laufende Einkünfte, nicht hingegen definitive Veräußerungsverluste aus der Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell erfasst. Nachdem der BFH die Klage ohne Klärung in der Sache als unzulässig abgewiesen hatte (BeckRS 2018, 45008), hat das FG Hamburg in der Sache entschieden und die Klage abgewiesen.

Vorschrift hinsichtlich Rückwirkung und Bestimmtheit unbedenklich

Hinsichtlich der Rückwirkung und der Bestimmtheit bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit Blick auf die Einfachgesetzlichkeit bestehe kein Zweifel, dass sich der Kläger an einem Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG beteiligt habe. Mit der Liquidation der Gesellschaft seien die Verluste mangels künftiger Verrechenbarkeit mit null festzustellen gewesen. Der eindeutige Wortlaut schließe die Möglichkeit einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung der Vorschrift vorliegend aus. Der Gesetzgeber habe auch durchaus erkannt, dass es Fälle geben könne, in denen es nicht zu einem Totalüberschuss und damit zu einem Totalverlust kommen könne, sodass es auch an einer planwidrigen Lücke fehle.

Verlustbeschränkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Für eine Vorlage an das BVerfG fehlte dem FG die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm, und zwar auch bei Definitvwerden der Verluste. Eine Verlustbeschränkung sei nicht generell verfassungsrechtlich zu verwerfen. Vielmehr sei die Möglichkeit der Verluststreckung anerkannt. Die Beschränkung der Verlustverrechnung auf Einkünfte aus der nämlichen Beteiligung berühre zwar den Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Diese Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Steuerstundungsmodelle sei aber aus Gründen der Missbrauchsabwehr und zur Lenkung des Investitionsverhaltens der Steuerpflichtigen gerechtfertigt.

FG Hamburg, Urteil vom 20.02.2020 - 2 K 293/15

Redaktion beck-aktuell, 30. Juni 2020.