Streitfrage betrifft externe Teilung von Anrechten aus der Altersvorsorge
Wenn die Liebe endet, geht es oft auch ums Geld: Wer bekommt bei der Scheidung wie viel? Und wie gut ist man damit für die Zukunft abgesichert? Eine wichtige Rolle spielt dabei die Aufteilung der Altersversorgung. Alle Anrechte aus der Zeit der Ehe werden als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet und grundsätzlich zu gleichen Teilen aufgesplittet. Dieser sogenannte Versorgungsausgleich soll Ungerechtigkeiten beseitigen. Denn bei vielen Paaren bekäme der Mann als Hauptverdiener sonst viel mehr Rente als seine Frau, die sich vielleicht jahrelang zu Hause um die Kinder gekümmert hat. Ausnahmen gibt es nur in bestimmten Fällen, zum Beispiel wenn die Ehe keine drei Jahre gehalten hat oder die Partner etwas anderes vereinbart haben.
Versorgungsausgleich kann bei externer Teilung problematisch sein
Wie die Rentenansprüche aufgeteilt werden, legt das Familiengericht im Scheidungsurteil fest. Im Ergebnis bekommt der Partner mit den ursprünglich höheren Anrechten weniger Rente und der andere mehr. Am Versorgungsträger ändert sich meistens nichts. Sind zum Beispiel beide bei der Deutschen Rentenversicherung, wird dort einfach neu berechnet, wer im Alter wie viel bekommt. Das nennt man interne Teilung. Die Probleme, um die es in Karlsruhe geht, tauchen bei der sogenannten externen Teilung von Betriebsrenten auf. Dabei bekommt die Ex-Frau ihr Geld nicht automatisch vom selben Versorgungsträger, bei dem der Mann seine Rente hat. Die Ansprüche dürfen ausgelagert und an eine andere Unterstützungskasse übertragen werden - auch gegen den Willen der Frau. Der Gesetzgeber wollte damit die Träger der betrieblichen Altersversorgung entlasten.
Übertragung an externen Versorgungsträger bringt Verluste
Auslöser des Verfahrens ist die Talfahrt der Zinsen. Denn der Versorgungsträger, der die Anrechte abgibt, ermittelt den Kapitalwert mit einem speziellen Zinssatz, der für Handelsbilanzen maßgeblich ist und monatlich von der Bundesbank bekanntgegeben wird. Bei Betriebsrenten ist dabei der - noch vergleichsweise hohe - durchschnittliche Zinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre maßgeblich. Der Träger, der die Anrechte übernimmt, orientiert sich dagegen am aktuell niedrigen Marktzins. Das wirkt sich negativ auf die Rentenhöhe aus. Durch die Übertragung geht also Geld verloren.
OLG Hamm hielt Verluste durch Transfer für ungerechtfertigt
Das Oberlandesgericht Hamm hält die Regelung für verfassungswidrig. Für die Ungleichbehandlung gebe es keine Rechtfertigung. Die Richter haben deshalb ein Scheidungsverfahren ausgesetzt, um § 17 VersAusglG (Versorgungsausgleichsgesetz) in Karlsruhe prüfen zu lassen. "Die entstehenden Transferverluste sind zu hoch und sie treten in zu vielen Fällen ein", meinen sie. Unterschiedliche Rentenhöhen können zwar auch mit dem Altersabstand der Ex-Partner zusammenhängen. Lässt man das aber unberücksichtigt, müssen Betroffene nach Berechnungen, die das OLG Hamm zitiert, Abschläge von weit mehr als 50% in Kauf nehmen. In einem Fall blieben zum Beispiel von 696,70 Euro im Monat nur 284,93 Euro übrig. Die Richter gehen davon aus, dass zwischen 2009 und 2017 mindestens 90% aller Geschiedenen mit einer externen Teilung dadurch negative Folgen hatten. § 17 VersAusglG kommt demnach bei schätzungsweise jeder 20. Scheidung zur Anwendung. Bei durchschnittlich 170.000 Scheidungen im Jahr entspreche das einer mittleren fünfstelligen Zahl.
BVerfG-Richter mit zahlreichen kritischen Nachfragen
Vertreter der Bundesregierung betonten in der Verhandlung am 10.03.2020, mit der fraktionsübergreifend beschlossenen Gesetzesreform zum Versorgungsausgleich von 2009 sei mehr Gerechtigkeit geschaffen worden. Der Halbteilungsgrundsatz sei mit der Aufteilung des Kapitals eingehalten. Nach zehn Jahren würden die Erfahrungen mit dem Gesetz und dabei besonders mit der externen Teilung untersucht. Die Arbeitsgemeinschaft der betrieblichen Altersversorgung verwies auf hohe Verwaltungskosten, wenn bei einer internen Teilung eine betriebsfremde Person aufgenommen werden müsste. Das könnte Unternehmen davon abhalten, Betriebsrenten überhaupt anzubieten. Die Richter des Ersten Senats unter Vorsitz von Stephan Harbarth stellten zahlreiche kritische Nachfragen, etwa zur Notwendigkeit, überhaupt extern zu teilen, und zur Wertgrenze, bis zu der dies möglich ist. Bis zur Urteilsverkündung dürften mehrere Monate vergehen.