Spielhalle in Karlsruhe darf wegen drohender Existenzvernichtung der Betreiberin vorerst weiterbetrieben werden

Die Stadt Karlsruhe muss den vorläufigen Weiterbetrieb einer Spielhalle in der Stadt ermöglichen. Der baden-württembergische Verfassungsgerichtshof hat heute dem Antrag einer Spielhallenbetreiberin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen. Die wirtschaftlichen Folgen für die Betreiberin bis hin zur möglichen Existenzvernichtung seien schwerwiegender als die Gefahren für die Ziele der Stadt Karlsruhe bei einem vorübergehenden Weiterbetrieb.

Beschwerdeführerin unterlag im Auswahlverfahren

Die Beschwerdeführerin betrieb bis vor Kurzem zwei kleine Spielhallen in Karlsruhe, in deren nähren Umkreis sich unter anderem mehrere Gymnasien sowie zahlreiche Spielhallen anderer Betreiberinnen befinden. Im April 2021 beantragte sie für die hier verfahrensgegenständliche Spielhalle (erneut) die Erteilung einer Betriebserlaubnis ab dem 01.07.2021; zuvor war ihr eine bis zum 30.06.2021 befristete Erlaubnis erteilt worden. Den Antrag lehnte die Stadt Karlsruhe nach Durchführung eines Auswahlverfahrens zwischen konkurrierenden Betreiberinnen ab und ordnete die Schließung der Spielhalle an. Gleichzeitig erteilte sie für eine nahe gelegenen Spielhalle eine glücksspielrechtliche Erlaubnis.

Kein Erfolg vor VG und VGH  - keine nahtlose Fortschreibung möglich

Die Betreiberin wollte die Erteilung einer einstweiligen Duldung des Weiterbetriebs ihrer Spielhalle erreichen, blieb aber vor dem VG Karlsruhe mit Beschluss vom 21.03.2022 erfolglos. Auch die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim blieb ohne Erfolg. Der begehrten Erteilung einer Erlaubnis stehe jedenfalls der Versagungsgrund des § 42 Abs. 3 LGlüG (Landesglücksspielgesetz) wegen der Nähe zu unter anderem mehreren Gymnasien entgegen, hieß es zur Begründung. Auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG würden von der Spielhalle nach der im gerichtlichen Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht erfüllt. Denn der Betrieb der Spielhalle sei nicht mehr in "nahtloser Fortschreibung" der Erlaubnis möglich. Der von § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vermittelte Bestands- und Vertrauensschutz entfalle jedenfalls mit "Eintritt" erlaubnisfreier Zeiten. Dies sei mit Ablauf der bis zum 30.06.2021 gültigen Erlaubnis der Fall gewesen. Den entsprechenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes habe die Beschwerdeführerin erst deutlich nach Ablauf ihrer bis zum 30.06. 2021 befristeten Erlaubnis gestellt.

Erfolg vor dem Verfassungsgericht nach Folgenabwägung

Die Beschwerdeführerin zog vor den Verfassungsgerichtshof in Stuttgart, der die Stadt Karlsruhe im Weg einer einstweiligen Anordnung verpflichtete, den Betrieb der Spielhalle durch die Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung über das vorliegende Verfassungsbeschwerdeverfahren zu dulden. Die vorliegende Verfassungsbeschwerde sei weder vornherein unzulässig, noch offensichtlich unbegründet. Da somit deren Erfolgsaussichten offen seien, komme es für den Erlass der einstweiligen Anordnung entscheidend auf die Folgenabwägung an. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr eines schweren Nachteils erforderlich sei. Ein weiterer Betrieb der Spielhalle ohne die mit dem vorliegenden Eilantrag erstrebte Duldung scheide angesichts der Gefahr von rechtlichen Konsequenzen aus. Ohne den begehrten Ausspruch der vorläufigen Duldung des Weiterbetriebs wäre die Beschwerdeführerin deshalb gezwungen, die Spielhalle weiterhin geschlossen zu lassen. Dies würde erhebliche wirtschaftliche Folgen bedeuten, die durch eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr (gänzlich) beseitigt werden könnten.

Existenzgefährdung wiegt stärker als Karlsruher Ziele

Weiter wies das Gericht darauf hin, dass sich die Beschwerdeführerin ausweislich der vorgelegten Unterlagen derzeit erheblichen monatlichen finanziellen Verpflichtungen gegenüber sehe, die sie ausschließlich aus ihrem noch vorhandenen Vermögen bestreite. Ohne eine vorläufige Öffnung des Spielhallenbetriebs wäre dieses jedoch binnen kürzester Zeit aufgebraucht, so dass die Beschwerdeführerin konkret in ihrer Existenz gefährdet wäre. Demgegenüber seien die Folgen, die die Stadt Karlsruhe bei einem Erlass einer einstweiligen Anordnung zu tragen hätte, falls die Verfassungsbeschwerde später keinen Erfolg hätte, von geringerem Gewicht. Auch die Verwirklichung der aus Sicht des Gesetzgebers überragenden Ziele der Verhinderung der Spiel- und Wettsucht sowie des Jugendschutzes habe bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegenüber den Interessen der Beschwerdeführerin zunächst zurückzutreten. Denn durch den vorläufigen Fortbetrieb der Spielhalle drohe keine derart gravierende Gefährdung des Gemeinwohls, dass eine sofortige Einstellung des Spielhallenbetriebs erforderlich und eine vorläufige Fortführung nicht hinzunehmen wäre. Dies gelte umso mehr, als der Spielhallenbetrieb am bisherigen Standort seit vielen Jahren erfolgte.

Gitta Kharraz, 6. September 2022.