VerfGH Saarland: Wohnungskündigung wegen Zahlungsverzugs nach vom Vermieter ausgelöster Einstellung der Mietzahlung durch Jobcenter verfassungsgemäß

Die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs des Mieters kann auch dann zulässig sein, wenn der Vermieter die Einstellung der Mietzahlungen, die bisher der Sozialleistungsträger erbracht hatte, selbst ausgelöst hat. Dies gilt nach einem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 28.03.2017 jedenfalls dann, wenn der Mieter gegen die Streichung der Sozialleistungen nicht vorgegangen ist. Die Richter verwarfen deshalb die Verfassungsbeschwerde einer Mieterin in einem Räumungsrechtsstreit (Az.: Lv 1/17).

Jobcenter stellt Mietzahlungen ein – Vermieter kündigt erneut wegen Zahlungsverzugs

Der Vermieter beabsichtigte, die an die Beschwerdeführerin vermietete Eigentumswohnung zu verkaufen. Er kündigte das Mietverhältnis aus diesem Grund, obwohl dies laut Mietvertrag ausgeschlossen war. Der Vermieter teilte dem Jobcenter – das die Miete zahlte – mit, dass er das Mietverhältnis gekündigt habe. Daraufhin erließ das Jobcenter einen Änderungsbescheid, in dem die Sozialleistungen für die Mietkosten gestrichen wurden. Gegen diesen Bescheid, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ging die Mieterin nicht vor. Nachdem der Vermieter in den folgenden zwei Monaten keine Miete erhalten hatte, kündigte er wegen Zahlungsverzugs fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt, da die Mieterin es unterlassen habe, gegen den Bescheid des Jobcenters vorzugehen.

VerfGH: Zivilrechtliche Entscheidungen nicht zu beanstanden

Die gegen das Urteil des AG eingelegte Berufung der Mieterin wies das Landgericht zurück. Mit ihrer gegen die zivilgerichtlichen Entscheidungen eingelegten Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung ihres Rechts auf eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Entscheidung. Der VerfGH hat entschieden, dass die Entscheidungen der Zivilgerichte mit den mietrechtlichen Vorschriften und Rechtsprechungsgrundsätzen in Einklang stehen.

Zahlungsverzug rechtfertigt Kündigung

Der Vermieter dürfe dem Mieter, der für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Miete in Verzug ist, fristlos kündigen (§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3a BGB). Diese Kündigung könne der Mieter nachträglich ungeschehen machen, wenn er die Mietrückstände binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage begleicht oder eine entsprechende Übernahmeerklärung einer öffentlichen Stelle vorlegt (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB).

Künidgung auch nicht treuwidrig

Laut VerfGH kann es einem Vermieter zwar verwehrt sein, sich im Rahmen einer Verzugskündigung auf einen Zahlungsrückstand zu berufen, wenn – wie vorliegend – sein Verhalten Auslöser der Zahlungseinstellung war (§ 242 BGB). Gleichwohl sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Zivilgerichte in ihre Wertung auch das Verhalten der Beschwerdeführerin, die den Dingen ihren Lauf gelassen und die Wohnung in dem Wissen, dass keine Miete mehr geflossen sei, weiter genutzt habe, einbezogen hätten. Sie hätten daher der Argumentation der Beschwerdeführerin, es sei nicht ihre Sache, sich an das Jobcenter zu wenden, und ihr Vermieter sei selbst daran schuld, wenn er sich den "finanziellen Ast" absäge, nicht folgen müssen.

VerfGH Saarl, Beschluss vom 28.03.2017 - 28.03.2017 Lv 1/17

Redaktion beck-aktuell, 3. April 2017.

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